Programm
Program
Tag/Day 1: Donnerstag/Thursday, 22.09.2022
9:00
EF50
Registrierung/Registration
10:00-11:30
Panel I
A) Zwischenwelten
EF50, R 3.427 / Zoom
Moderation/Chair: Dana Steglich
Magdalena Leichter (Universität Innsbruck): „The Beauty of the House is immeasurable; its Kindness infinite.” Die Unmöglichkeit der Geographien von Susanna Clarkes Piranesi Seit er sich erinnern kann lebt Piranesi, der Protagonist von Susanna Clarkes gleichnamigen Roman, in einem Haus von enormen Ausmaßen, dessen labyrinthische Hallen gefüllt sind, von verschiedensten Statuen, Meerwasser, Vögeln und Wolken. Akribisch und von wissenschaftlichem Ehrgeiz angetrieben, erkundet und dokumentiert Piranesi die Geographie des Hauses, benennt Räume und Sternbilder, sagt Fluten und Unwetter voraus und scheint eins zu sein mit dieser sonderbaren Welt, deren tatsächliche Regeln und Ausmaße sich weder ihm noch den Lesenden vollends erschließen. Bewusst wirft der Text Fragen auf, die sich den Beziehungen verschiedener Welten, den Problemen von Repräsentationen und Referentialität nähern. Ebenfalls bewusst lehnt sich das Haus an andere fiktionale Welten an, die sich in ähnlichen Zwischenräumen befinden; deutlich werden etwa Verweise auf die Serie Dr Who und C. S. Lewis‘ The Chronicals of Narnia. Bemerkenswert ist dabei die Perspektive, an die Clare ihre Leser*innen bindet. In Piranesi überlagern sich nicht nur verschiedene Räumlichkeiten, sondern auch mit ihnen verschränkte Wissenshorizonte: Während Piranesi als homodiegetischer Erzähler mehr Wissen über das Haus besitzt, als er den Leser*innen mitteilt, fehlt ihm die Verbindung zur Primärwelt, einer wortwörtlichen Außenwelt, deren Repräsentanten er nur als Statuen kennt. Das Ergebnis ist eine Verschränkung und Überlagerung verschiedener Geographien und Realitätsangebote, deren Regelsysteme sich, anders als jene der erwähnten fiktionalen Vorbilder, nie eindeutig festmachen oder zuordnen lassen. So oszilliert das Haus etwa zwischen eigenständigem Organismus und sonderbarer Zwischenwelt, zwischen zuvorkommendem Wohltäter und gefährlichem Labyrinth. Dieser Beitrag will versuchen, sich diesen wechselhaften Geographien des Hauses in Piranesi zu nähern. Er soll aufschlüsseln, welche verschiedenen Raumkonzepte aus Leser*innenperspektive bei der Erschließung des Raumes helfen können (wie etwa die Geographie als Palimpsest oder Heterotopie fungiert), zugleich aber verdeutlichen, wie sich der Text einer Ausdeutung seiner Geographien letztendlich verweigert.
Eleonore De Felip (Universität Innsbruck): Horizontale und vertikale Ordnungen des Fantastischen in Oswald Eggers Mississippi-Buch (2021) Oswald Eggers jüngstes Buch Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt (Suhrkamp 2021) ist ein Traumbuch von überbordender epischer Fülle. Dem erzählenden Ich fließen während des Lesens und Aquarellmalens Erinnerungen, Empfindungen und Träume zu, die zu einem gewaltigen Bewusstseinsstrom anschwellen. Eggers Fluss-Epos kann mit Borges (Buch der Träume) als ein gelenkter, dabei wort- (und bild-)gewordener Traum bezeichnet werden. Der Schauplatz der Wachträume ist das Schwemmtal des Mississippi (Alluvial Valley): seine überstauten und überfluteten Ufer, die unzähligen Nebenarme und Seen, das Marschland des riesigen Deltas. Das narrative Ich fährt auf dem Wasser und treibt unter Wasser. Die Geschichte der indigenen Stämme des Mississippi-Gebiets und die der zugewanderten Europäer fließen ihm zu und dabei ineinander über. Im ‚Fluss‘ der Visionen treibend vereinigt sich das Ich mit Pflanzen, Tieren und zahllosen furchterregenden Fabelgestalten. Der in 386 halbseitige Kapitel („Inseln“) gegliederte (und mit zahlreichen Aquarellzeichnungen illustrierte) Text ist ein mixtum compositum aus Fantasie, detaillierten Naturbeschreibungen und grotesken Schreckvisionen. Eggers fantastische Geographien vereinen Naturgeschichte (u.a. Mäanderstudien der Waterways Experiment Station in Vicksburg), literarische Rezeption (u.a. von Jacques Roubaud auf den Spuren von Mark Twain) und formales Experiment. Die Ambivalenz des Titels ist bereits Programm. Nicht nur der Standort des Subjekts ist in ständiger Bewegung, auch seine Gedanken entbehren einer kognitiven ‚Stabilität‘, sodass Traum und Wirklichkeit, Fakt und Fiktion nicht mehr unterschieden werden können. Das erzählende (schwimmende) Ich geht buchstäblich und metaphorisch in der Fülle der Details unter. Sowohl das stilistische Oszillieren zwischen wissenschaftlicher Präzision und fantastischer Fülle als auch die vielen grotesken Schreckgestalten, die Grauen und Komik in sich vereinen, lassen die Leser*innen ästhetisch und emotionell anhaltend in der Schwebe. In meinem Vortrag möchte ich aufzeigen, dass eine Annäherung an Eggers Text mit Todorovs Kategorien des Fantastischen nur unzureichend möglich ist. Der Fokus richtet sich explizit auf die Form der Darstellung (spatial form, Frank/Ryan), d.h. auf das Netzwerk an semantischen, phonetischen, thematischen und bildnerischen Beziehungslinien zwischen den ‚Textinseln‘ und Aquarellen. Eggers Mississippi-Buch inszeniert die Gleichzeitigkeit multipler Welten, die von Seiten der Leser*innen die Fähigkeit einer synchronen Lektüre erfordert. Analysiert werden sowohl die ‘horizontalen’ Ordnungen bzw. Transgressionen in Eggers fantastischer Geographie als auch ihre ‚vertikalen‘ Ordnungen (Pavel 1986), d.h. die verschiedenen ‚ontologischen‘ Ebenen (Pavel) des erzählten fantastischen Universums.
Juliane Mego (Universität Wien): Brokilon vs. Brocéliande – Zwischen locus amoenus und locus terribilis in mittelalterlichen Texten und der Fantasy-Welt Viele Geschichten der mittelalterlichen Welt, aber auch der Fantasy-Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts beweisen: An oder durch Wälder führt kaum ein Weg vorbei. Sobald die/der Protagonist*in vom Weg abkommt und in Waldgebiete eindringt, geschehen wunderliche Dinge und Begegnungen aller Art. Räuber sowie Monster tauchen auf, Feste werden abgehalten, es wird gekämpft, aber auch gerastet. So wird der rein weiblich bewohnte Wald Brokilon aus Andrzej Sapkowskis Witcher-Saga beispielsweise zum schützenden Raum der Wiedervereinigung der beiden Protagonisten, dem Hexer Geralt und seiner Ziehtochter Ciri, aber auch zur Gefahr für Eindringlinge. Die Entstehung des fiktiven Waldes geht jedoch nicht nur im Witcher-Universum bis ins 13. Jahrhundert zurück – bereits 1160 findet er sich bei Wace. Im „Wald des Todes“, wie Brokilon auch genannt wird, lassen sich einige Motive des locus amoenus finden: Ein in sich geschlossener Naturraum, in dem sich Quellen mit heilendem Wasser sowie eine vielfältige Flora und Fauna befinden. Jedoch ist der locus amoenus gleichzeitig auch ein locus terribilis, da unwillkommene Gäste getötet werden. Der Zauberwald im Witcher ist keine Erfindung des polnischen Autors, vielmehr wird der bereits in der arthurischen Literatur etablierte Wald Brocéliande, der traditionelle Raum der âventiure, adaptiert. Der amoene Ort, in dem sowohl Morganes Tal ohne Wiederkehr, die Quelle im Iwein als auch Merlins Grab lokalisiert werden können, existiert aber nicht nur in vormodernen Texten und im Witcher-Universum. Das märchenhafte Motiv des wilden waldes wurde bereits von Tolkien adaptiert, aber auch in der Film- und Videospielwelt realisiert. Mit dem Vortrag möchte ich die topische Beschreibung produktiv machen und auf die intermediale Rezeption sowie Adaption des Waldes Brocéliande eingehen. Ausgangspunkt ist die Beschreibung des Brokilon-Waldes in der Fantasy-Welt der Witcher-Saga, dessen literarischer Ursprung im Jahr 1160 bis zu seiner modernen Weiterentwicklung abgehandelt werden soll.
Kristof Smeyers (University of Antwerp): Bodies out of place: (dis)locating the corporeal supernatural in the nineteenth-century edgelands How did people in the past experience the edgelands – the blurred, liminal spaces between urban and wild which Victor Hugo called ‘bastard countryside’ – as a place for the supernatural? And how did those experiences link to people’s changing understandings about city, rural landscape, and bodies, particularly in a period of urban expansion, increasingly sentimental depictions of the countryside, and the pathologisation of the body? In 1851 Sir William Wilde observed with some alarm that ‘[i]t is not in the west [of Ireland], or among what is termed the true Celtic population alone, that superstitious and mystic rites are still practised. We have fortune-tellers within the circular road of Dublin, and fairy doctors of repute living but a few miles from the metropolis’. Such observations went against prevailing depictions of a rational, modern capital in contrast to a rural, ‘Celtic’ Ireland blighted with ‘superstition’. Supernatural and magical beliefs about the body that were treated and subjected to ‘mystic rites’ (and the projection of those beliefs onto communities) played a crucial role in reinforcing that contrast. But, this paper argues, those bodies – transgressive, mobile – mostly disrupted such binary depictions of the modern landscape. It surveys some of the ways that extraordinary bodies, alive and dead, were considered out of place, and (dis)located into the edgelands. And it traces how the nineteenth-century edgelands, as a place ‘between landscapes’, were, mostly in vain, hoped to prove a useful repository for uncanny and supernatural phenomena – and the bodies on which they manifested – that were considered incompatible with modern society.
Tereza Zelinová (Masaryk University): Personification Methods in the "Městské války" Series by Pavel Renčín The presented paper aims to introduce the analysis of the ways of personification of cities within the book series Městské války of Pavel Renčín. There will be described an appearance (look) and functioning of the avatars of individual cities, such as Prague, Brno or Ostrava. The principles of the "embodiment" within the framework of the Městské války will be clarified as well as the relationship between personified beings in their geographical delimitation in the space of the fictional world will be characterized. This explains the strategies used in creating their appearance based on the attributes of the cities of the actual world within the structure of the fictional world environment of Městské války based on the author's communication with the fandom. The work of Ben Aaronovich will serve as reference texts due to its greater scope within the translated literature and similar personalization methods. These methods will be compared with the strategies used by Pavel Renčín. The conclusion of the paper will be devoted to thoughts regarding why these methods are attractive to readers and it will outline other possible ways to explore them.
Lorena Bickert (Universität Bamberg): Longing for Home in the Undersea: Geographies of Grief in Emily St. John Mandel’s Station Eleven This paper reads Emily St. John Mandel’s 2014 speculative fiction novel Station Eleven with a focus on what I call geographies of grief, disrupted notions of place in times of crisis and loss. Drawing from interdisciplinary research on grief as well as ecocritical insights on mourning in times of ecological crisis, I examine grief as a complex and socially regulated affect of containment (cf. Granek 149-50; Martin and Doka 71-72), linking it to a conception of places as “attempts at the stabilization of meaning” (Massey 5). While mourning often entails a longing for rootedness and stability, places are precisely not timeless and secure, but—like grief and crisis—“open and porous” (5). I argue that the novel’s embedded narrative can be read as a place of grief, in which disrupted, porous notions of home and stability are renegotiated through sf elements. Station Eleven is set in a post-pandemic society, in which the survivors’ search for home is complicated by the constant reminder of what has been lost in the outbreak of the so-called Georgia Flu, their experiences strangely intertwined with each other, but also with Dr. Eleven, a series of sf comic books within the novel. The comic’s setting in the Undersea, a vibrant underwater world in outer space (cf. Mandel 83), contrasts sharply with its exploration of loss, isolation, displacement, and restlessness, as well as with the reality of decay and the explicit unhomeliness of the abandoned houses in the novel. Further, the fact that the comic is not a separate element of the novel, but only mediated through the characters’ descriptions of it can be linked to the difficulty of finding adequate places for grief, with this complex affect, thus, systematically displaced into the (science-)fictional realm of the comic book. My analysis emphasizes that the genre of sf cannot only be linked to spatial exploration (cf. Seed 4-6; Kneale and Kitchin 2; 9), but also merits an examination of sf geographies as porous places of home and grief in times of crisis.
Katrin Isabel Schmitt (Universität Konstanz): Travelling Ruins, Living in Remains: Reading the Post-Apocalyptic Landscapes as Traumatic Spaces Abandoned cities, nature reclaiming buildings, relicts of modernity – post-apocalyptic settings are acutely familiar images in popular culture. Part of the allure of such end narratives surely lies in their depiction of radical breaks, hence revealing underlying structures and values of society. The apocalyptic moment has a traumatic impact that disrupts internal and external structures within story worlds, leading to a liminal post-apocalyptic space between the preceding and the new. In these spaces, the post-apocalyptic survivors are disoriented and traumatized, suffering both physically and psychologically. This struggle is mirrored in landscape depictions, which are a “referent for the individual's sense of self or identity” (Balaev 161). Moreover, the journey motif is of key relevance in this context, addressing how characters move within the post-apocalyptic world and with which purpose. To explore the traumatic geography of the post-apocalypse, I will compare three contemporary post-apocalyptic novels: Cormac McCarthy’s The Road (2006), Nick Cole’s The Old Man and the Wasteland (2011) and Emily St. John Mandel’s Station Eleven (2014). I will first outline the settings and landscapes of these novels, thus highlighting their constitutive geographical elements and characteristics. In a second step, I will explore how characters survive and interact with and within their surroundings. In this framework, a focus point will be put on journeys and characters walking the destroyed spaces without an envisioned destination point. Concludingly, I will demonstrate that representations of post-apocalyptic landscapes and journeys mirror the states of mind of their survivors. For this matter, I will analyze the symbolism and narrative techniques of the novels comparatively, highlighting, once again, the relevance of post-apocalyptic geography in critiquing the pre-apocaplyptic world.
Can Ҫakir (Universität Münster): Renegotiating the Utopian “Non-Place” in Cory Doctorow’s Walkaway Over the past decades, the notion of utopia has seen a resurgence in both political and literary contexts. While a range of progressive political movements have embraced utopia as an emancipatory concept, literature has expanded upon its initial foundations and developed further related subgenres, including dystopia, anti-utopia and critical utopia. The 2017 novel Walkaway by British Canadian writer Cory Doctorow is one of the latest examples in which the literary and political contexts converge to underline the potentiality of utopia by renegotiating its spatial and geographical relationship. Set in the near future where humanity is divided between two parallel societies that are organized in fundamentally different socio-economic ways, Walkaway tells the story of a network of intentional utopian communities. This commonwealth is struggling to survive against the aggressive policies of the neighbouring society called default, where artificial scarcity is enforced by the ruling classes. The story centres around three main characters who decide to walk away from default and join the development of a society whose utopian character is being built on the move via technological developments that allow the creation of a digital and decentralized network where the necessary data is stored. The possibility to build and rebuild societies through this network implies that utopia is located in the network itself, since these communities can walk away from default’s aggression and re-establish themselves by using the data stored in the network. Thus, the novel brings a new geographical perception to the “no-place”, the traditional spatial understanding of the concept of utopia. In this paper, I argue that the new spatial and geographical recognition of utopia located in a decentralized network helps expand the notion in two ways: firstly by renegotiating the definition of utopia as a “no-place”, and secondly by stressing the political potentiality that this understanding would contain.
11:45-13:15
Panel II
A) (Un)Menschliche Raumkonstruktionen
EF50, R 3.427/ Zoom
Moderation/Chair: Kristin Aubel
Sifei Qin (SISU): “Meine Welt braucht mich.“ Eine kulturökologische Betrachtung des Waldes in der Science-Fiction Die Sprache der Blumen (online) Das im April 2020 erschienene Werk Die Sprache der Blumen von Sven Haupt gewinnt den Deutschen Science-Fiction Preis 2021 (Kategorie Roman). Die Protagonistin erwacht ohne Gedächtnis in einem unbekannten Wald, wo nur ein sprechender Schimpanse und redende Pflanzen ihre Gesellschaft ist. Der Wald, der fast die einzige Szene ist, in der die Handlung stattfindet, und der im Roman im letzten Satz „meine Welt braucht mich“ die Welt bedeutet, spielt nicht nur eine zentrale Rolle, sondern er ist auch als Raumsemantik zu interpretieren. Mein Beitrag wird sich auf diesen fantastischen Wald fokussieren, und zwar aus einer kulturökologischen Sicht. Nach einer kurzen Vorstellung des Inhaltes der Science-Fiction sowie einer Einführung des Denkens vom „deutschen Wald“ wird der Hauptteil der Präsentation ins drei gegliedert. Als Erstes wird die Konstruktion des Waldes - im Roman in gewissem Sinne „der Welt“ – beobachtet. Die märchenhafte zweistufige Gestaltung der Geographien schafft die Naturalisierung und die Entfremdung in einer Science-Fiction. Dann ist die Dualität des Waldes zu analysieren. Alle Paradoxe - eine vormoderne Erscheinung des Waldes und die Tatsache, dass er ein Produkt postmoderner Technologie ist, seine Grenze und Grenzlosigkeit, die Narration seiner Authentizität und die Anspielung einer sehr wahrscheinlich digitalen, virtuellen Welt, usw. - befinden sich aber in einer harmonischen Einheit. Dieser künstlerische Raum bringt das Weltverständnis des Autors zum Ausdruck, und gleichzeitig kann als ein vom Autor hergestelltes Modell der menschlichen Kultur angesehen werden. Der letzte Teil geht nämlich auf eine kulturökologische Diskussion ein. Die Erde und richtige Menschen tauchen zwar erst gegen Ende des Romans außerhalb des Waldes nur ganz kurz auf, lässt sich die Darstellung des Mensch-Natur-Verhältnisses im Roman für eine Analyse der Funktionen im Sinne von Zapfs Konzept von Literatur als kultureller Ökologie heranziehen, und zwar Literatur als kulturkritischer Metadiskurs, als imaginativer Gegendiskurs und als reintegrierender Interdiskurs.
Svenja Engelmann-Kewitz (TU Dresden): „Nous bien entendu, mais comment nous compter?“ – Fantastischer Ecocriticism in der Antarktis In Marie Darrieussecqs Roman White (2003) wirken die historischen Polarexplorationen als Motor eines Diskurses, der die eisigen Landschaften der Antarktis zu einer Fläche der Fantastik werden lässt. Ich möchte unter Berufung auf u.a. Donna Haraway aufzeigen, wie ökokritische Lesarten hier Grenzen zwischen Realität, Fantastik und Fiktion verschwimmen lassen. In White kommen Teilnehmer:innen einer wissenschaftlichen Untersuchung der Antarktis mit dem Ziel der Etablierung einer europäischen Wissenschaftsbasis im extremen, lebensfeindlichen Raum an ihre körperlichen und psychischen Grenzen. Für die Lesenden wird der rational-wissenschaftliche Kontext der Untersuchung jedoch unmittelbar mit ungreifbaren, fantastischen Elementen verknüpft: Nicht genauer definierte Geister fungieren als Erzählfiguren des Romans, die, für die Figuren der Erzählung unsichtbar, verschiedene Funktionen und Gestalten annehmen und so beispielsweise Personen aus der Vergangenheit der Protagonistin verkörpern oder als Geister verstorbener Polarforscher die aktuelle Ausrüstung der Untersuchung kommentieren. Sie bleiben bewusst undefiniert, un(be)greifbar, bilden psychologische oder fantastische Phänomene und intervenieren in das Verhalten und das Projekt der menschlichen Figuren, um sich als rechtmäßige Bewohner des Südpols zu etablieren. In ihrer fluiden, fantastischen Gestalt können sie dementsprechend als eine Möglichkeit der Nutzung fantastischer Elemente im Ecocriticism betrachtet werden. Sie bilden einen Versuch, aus einer nicht-menschlichen Perspektive über das Anthropozän zu berichten, indem sie auf unendliche Zeitskalen hinweisen und quasi posthumanistisch die Zentralität und Hybris des Menschen nicht nur in der polaren Natur, sondern in der geologischen Epoche hinterfragen. Die Geister sind somit nicht nur ein Bindeglied zwischen Mensch und Natur, Fantastik und Psyche, sondern auch ein erzählerisches Mittel, die Diskurse des Anthropozäns eindringlich durch eine nichtmenschliche Perspektive darzustellen. Es sind Unbegreiflichkeit, Undefinierbarkeit und Mehrdeutigkeit des Diskurses um die Geister im Roman, die Elemente von u. a. Konzepten kultureller Ökologie, magischem Realismus, Cognitive Science vereinen, um eine neue Perspektive auf das Eis im Ecocriticism abseits der apokalyptischen Klimawandelromane zuzulassen und das Potenzial von Fantastik in Mensch-Natur-Debatten ausloten.
Clare Wall (independent): “Lease your Skin to this Place”: Traversing the City through the Body in Catherynne M. Valente’s Palimpsest In Catherynne M. Valente’s Palimpsest (2009), entrance to the dreamlike city of Palimpsest is transmitted sexually through the bodies of those in the mundane world. A portion of that city becomes permanently marked onto the bodies of those who would enter it, thus making the body a gateway through which visitors must intimately navigate in order to transverse the city’s spaces. I argue that Valente’s novel uses the fantastic landscape of Palimpsest and its mapping itself upon the bodies of its visitors to reveal the mutual transcription of bodies with urban spaces and the connections and transformations that occur as one navigates those spaces. Such exchanges become especially apparent when examining Palimpsest as a character and the marks and corporeal costs it extracts from the central characters for them to attain the ability to immigrate to Palimpsest. I will explore the ways that geography affects the bodies of Valente’s characters, especially November’s increasingly disfigured body, and how the sensual and corporeal language of the text itself transforms the geography of the city into an entity that is itself living through the connections of those it has marked, granting a collective experience of the senses of its own geographic space as bound visitors explore it. To do this, I will approach Valente’s work from the perspective of embodiment scholars including Elizabeth Grosz and employ Karen Barad’s material feminist concept of non-human agency to examine these contested agencies. In doing so, a better understanding of Palimpsest’s resistance to the anti-immigrant policies that govern it may be gained, as the city facilitates November and the three others she is bonded in their quest to gain permanent citizenship within Palimpsest itself.
Anna Lüscher (Universität Konstanz): Mechanisms of Exclusion and Inclusion at the Magical World’s Borders As is typical for portal fantasies (see Nikolajeva 2003: 141f), the narrative world of Harry Potter is divided into two main parts: the magical and the non-magical realm. Both of these realms can be classified as nation-states, confirm Jennifer Sterling-Folker and Brian Folker in their paper on the topic. Understanding the Muggle and magical worlds as nation-states, it becomes apparent that the latter lacks continuous territory. Despite this, the magical real has a power advantage owing to its secrecy. The secrecy surrounding the magical world is one of several border mechanisms that allow or bar entrance into the magical world, such as the knowledge of its existence, bodily restrictions, and various shibboleths. A shibboleth is “a password, a pass-not-word, a silent word transmitted like a symbol or handclasp, a rallying sign, a sign of membership and political watchword” (1986: 320), according to Jacques Derrida. The magical world's shibboleths are hidden in the knowledge about the world and inscribed within its people’s bodies and their magic. Unnamed policies and seemingly random individual wizards and witches rule them. For example, in the beginning of the first book, Harry cannot enter the magical world without guidance due to the scarcity of information available to him, despite theoretically having the capacity (being a wizard) to cross into it (See Rowling 2000: 81). These moments of crisis, when the magical world’s borders are to be traversed, can only be overcome with the assistance of a mediator like Hagrid. This type of mediator functions as a link between the two realms and a variety of other spaces in the narrated universe. Based on the concept of the magical nation-state, this talk examines the mechanisms of exclusion and inclusion on the magical realms border, and Hagrid's unique position as mediator within this world.
Jayjit Sarkar (Raiganj University) & Jagannath Basu (Sitalkuchi College): Between the Real and the Imagined: A Comparative Study of Meghadūta and Heart of Darkness The paper seeks to re-read Kālidāsa’s Meghadūta vis-à-vis Conrad’s Heart of Darkness in order to demonstrate the ethical aspect of Geopoetics in the poetic imaginings of/from the Indian subcontinent as compared to the transcendental cynicism of Conrad’s protagonist from the west. In both the works, the central character travels from one place to another in search— Marlow for Kurtz and yakṣa for yakṣi— and with them travel their geographie imaginaire, not the scientific geography of commensurable nature but what Jean-Mac Besse would call in French “un autre savoir de la Terre”, that is, “another knowledge of the Earth”. In the yakṣa’s narrative, we find an ethics towards not only the cloud (which can easily be deemed as utilitarian in nature) but also toward other beings of the biosphere, animate and inanimate alike. This ecological consciousness in Kālidāsa’s poiesis is a kind of “Geopoethics” (earth+poetry+ethics), rare in Heart of Darkness. A poet and a lover, in the former, do not make any distinction between different phenomena of the ecosystem, as is evident from the following lines: "The lovelorns’ nature is such— poor things— They cannot discriminate between animate and inanimate." (Meghadūta, 7) Although it was very harsh on the part of Chinua Achebe to call Conrad, a “bloody racist”, the latter was not hospitable and open to the ‘other’ either. Marlow’s transcendental cynicism is an embodiment of the spirit-of-the-age, same is true of Kālidāsa’s pantheism. The Indic poetic tradition of Kālidāsa’s age is replete with such examples of connected-ness in the sphere of geopolitics and geopoetics. In the map of Meghadūta, there is not much of a difference between a “tumble of vapour, heat, water, wind” and a lump of flesh and blood, between yakṣa’s craving and Cātaka’s thirst, between mountains and a woman’s breasts, between the scent of hill’s grottoes and prostitutes and, most importantly, between a cloud and a messenger. The peoples, the hills, the clouds, the strangers, the cities, the rivers, the flora, the fauna and the topoi are all connected by the ‘being-with’ of Geopoethics, an indispensable component at the heart of Geopoetics from this region.
Christian B. Long (University of Queensland): Where to Find Waste in Dystopian and Post-Apocalyptic Films Dystopian and post-apocalyptic films show that to emerge out of the wreckage of the old, to create a better world, it is necessary to overcome the garbage of disaster to reassert order on a world gone astray. However, these films frequently show an eroticized or aestheticized garbage, but rarely show the workings of waste disposal. I will consider how literal waste and ideas of waste can be used as a means of exclusion, to draw a public-private distinction. Considering the mechanics and demands of waste and waste disposal will show how waste helps to define social relations in dystopian and post-apocalyptic films. The waste disposal systems of dystopian and post-apocalyptic movies dispose of some things but reuse, recycle, and treasure others, revealing the parts of contemporary society that hold the greatest potential to build upon to create liveable futures. Waste and waste disposal create and maintain conceptual and physical boundaries, revealing the spatial character of social relations in dystopian and post-apocalyptic worlds. The locations of waste disposal thus locate the places where the world ceased to function and might be made to work once again. The waste disposal infrastructure reveals that Hollywood-UK-Australian films understand the Anglophone world losing its spot at the top of the (trash) pile as synonymous with dystopia at best, apocalypse at worst. Having to recycle and make do with old products, sometimes putting them to markedly different uses out of necessary, from six pack ring jackets to landfills turned tenements, shows that the world has fallen out of joint. To be at the bottom of the trash pile indeed means living in a dystopian at best world. And the trash has to go somewhere. For a lot of places in the world, the apocalypse isn’t in the future, it’s now. The US-UK-Australia are simply catching up.
13:15-14:30
Mittagspause/Lunch
14:30-16:00
Panel III
A) Horror, Raum und Körper
EF50, R 3.427 / Zoom
Moderation/Chair: Jennifer Preuß
Derya Demir (FU Berlin): Organische Geographien: Der verwachsene Körper als Topos einer neuen Raumästhetik Unendliche Wucherungen, Mutationen, körperliche Verwachsenheit – mit dem ersten Film der ALIEN-Reihe aus dem Jahr 1979 schaffte es Ridley Scott nicht nur ikonische Leitfiguren in die Geschichte des Science-Fiction Kinos eingehen zu lassen, der Film markiert bis heute einen radikalen Wendepunkt. Noch vor der Hochphase der Erscheinung sogenannter Body-Horror-Filme1 eröffnet ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT einen neuen Zugang zu alternativen Denkweisen über den Körper, das Leben und den Kosmos im Allgemeinen. Unter filmästhetischen Gesichtspunkten zeigt sich, dass bestimmte Inszenierungsweisen, die mit und durch ALIEN popularisiert wurden, an Geltung nicht eingebüßt haben. In besonderer Weise ist dabei zu beobachten, dass Vorstellungen eines wie auch immer gearteten anderen (›alien‹) Körpers zunehmend Ausdruck für ein organisches Empfinden fantastischer Räume und Geographien werden. Neben der ALIEN-Reihe verweist auch der auf einer Romanvorlage basierende Film ANNIHILATION (Alex Garland, USA 2018) auf eine untrennbare Relation zwischen Körpern, Räumen und Materialismen. Diese filmischen Vorstellungswelten transformieren unser alltägliches Verständnis vom Lebendigen, indem sie weder den Raum noch den Körper als voneinander getrennte Entitäten imaginieren. Vielmehr lassen die Filme außergewöhnliche Verbindungen entstehen, die wunderbar lebendig und gefährlich pulsierend zugleich sind.2 Filmisch fühlbar werden diese Verbindungen durch ihre materialistischen Strukturen und Konkretionen: pilzartige Auswüchse, pflanzenähnliche Verschlängelungen oder schleimige Oberflächen durchziehen das ästhetische Feld räumlicher Gefühlsanordnungen. Die Orte wirken wie vegetative Konglomerate eines Leibesinneren, in denen alles in einer permanenten Mutationsbewegung unaufhörlich weiter zu gedeihen scheint. Die Trennung zwischen menschlich und nicht-menschlich fällt in sich zusammen, organische Assemblagen schier unmöglicher kosmischer Zusammenkünfte bilden bis dahin unbekannte Weltzusammenhänge. Unter Miteinbeziehung aktueller neomaterialistischer Diskurse möchte ich in meinem Vortrag die Beziehung zwischen Körpern, Materialismen und Räumen näher untersuchen. Als Ausgangspunkt meiner Überlegungen dienen die Filme selbst, die unverkennbar versuchen die organischen Verwebungen von Körpern und fantastischen Geographien ästhetisch wahrnehmbar werden zu lassen. 1 Das sogenannte Kino des Body-Horrors bezeichnet eine Inszenierungsmodalität innerhalb des Horrorgenres, in der die radikale Veränderung des menschlichen Körpers im Zentrum steht. Körperliche Mutationen, Deformationen, Verfaulungen oder Verwundungen bilden die Leitmotiviken dieser ästhetischen Kategorie aus. Wesentlich für den Body-Horror ist die leibliche Transformation des Körpers in einen normabweichenden und zumeist nicht-menschlichen Zustand (vgl. hierzu auch Steven Shaviro: The Cinematic Body, Minneapolis [u.a]: University of Minnesota Press, 2011). 2 Jane Bennett: Vibrant Matter. A Political Ontology of Things, Durham/London: Duke University Press, 2010, 12f.
Nils Jablonski (Fernuniversität Hagen): Schrecklich schön: Idylle und Horror(film) – genretheoretische Überlegungen Der Vortrag nimmt die Raumdarstellungen im Horrorfilm sowie in Horrorserien aus der Perspektive der Idyllenforschung aus einer Doppelperspektive in den Blick: Einerseits wird das Spannungsverhältnis von locus amoenus als Ort der Ruhe und der Zuflucht und locus horribilis als Ort der Furcht und des Schreckens, von dem man zu entkommen versucht, untersucht und andererseits das Verhältnis von idyllischen Inszenierungen und ihrer filmnarrativen Funktionalisierung. So soll gezeigt werden, dass die Idylle als topischer Schauplatz im sog. ‚Body Genre‘ des Horrors und seinen medialen Variationen erscheint und gleichsam in den verschiedenen Sub-Genres des Horrors (Splatter, Zombie, Vampire u.a.) gemäß den Konventionen des jeweiligen Narrativs eingesetzt wird.
Lucia Wiedergrün (FU Berlin): „It was never really about going somewhere” – Raumerschließung und Suspense in IT FOLLOWS IT FOLLOWS (R.: David Robert Mitchell, US 2014) ist strukturiert von der Unausweichlichkeit einer unheilvollen Bewegung. Der Horror, der sich daraus speist, gibt dem kinematographischen Raum seine fantastische Qualität. „It was never really about going somewhere“ sagt Jay, die junge Protagonistin in David Robert Mitchells Film, während sie sich daran erinnernt, wie sie als Kind das Erwachsenenleben als ziellose Autofahrt imaginierte. Sie sagt dies, noch nicht ahnend, dass der vorangegangene Sexakt sie tatsächlich zu einer solch ziellosen Bewegung verdammen wird. Jay wird in der Folge nämlich von einer unheimlichen Präsenz verfolgt. Das was sie verfolgt bewegt sich nicht schnell, aber unaufhörlich und immer auf dem direktesten Weg. IT FOLLOWS inszeniert die Verfolgung vorrangig in Totalen und langsam ausgeführten präzisen Kamerafahrten. Der Kamerabewegung steht dabei die Bewegung im Bild entgegen. So durchschneidet der gradlinige Gang der verfolgenden Entität das Bild in der Raumtiefe. Die Spannung dieser zwei unterschiedlichen Bewegungen bringt nicht nur den Bildraum hervor, sondern auch die fantastische Erfahrungsdimension des Films. So verdankt IT FOLLOWS seine Genrequalitäten weniger einer Monstrosität im Zentrum der Erzählung, als dem nagenden Gefühl des Suspense, der sich nicht in der Montage, sondern im Bildraum selbst aufbaut und konstant in dessen Bewegungsverschiebungen entfaltet. Ausgehend von der These, dass es gerade der Raum ist, der die Genremodi des Films hervorbringt, möchte der Vortrag in einer analytischen Auseinandersetzung mit IT FOLLOWS dem Verhältnis von kinematographischem Raum und Suspense nachgehen. Dabei soll in einem ersten Schritt untersucht werden, wie sich der filmische Raum als Korrelation unterschiedlicher Bewegungstypen aufbaut. In einem zweiten Schritt soll es dann um den Suspense als Erfahrungsmodus des Raums gehen und die Frage, inwieweit sich dieser als affektive Geografie des kinematographischen Raumes beschreiben lässt.
René Reinhold Schallegger (Klagenfurt University): Queering the Quest – Kai Ashante Wilson’s Poetic Questioning of the Traditional Quest Narrative Kai Ashante Wilson has become one of the most intriguing African American voices in the contemporary literatures of the fantastic. His novellas The Sorcerer of the Wildeeps (2015; Crawford award 2016) and A Taste of Honey (2016) are both set in the same fictional world already developed in his earlier short stories. Wilson here critically and creatively tackles the heritage of the Tolkienian quest narrative: In the fictitious space of the secondary creation, to use Tolkien’s (1947) terminology, the heroes must take upon them a journey to heal the world. Henry Jenkins (2004) defined this teleological narrative model, developed by Tolkien based on ancient Mediterranean and Germanic epic traditions and following Campbell’s (1949) monomyth, as inherently spatial storytelling. Wilson subverts the formal constraints by challenging several traditional elements, and this paper investigates how the spaces he creates diverge significantly from Eurocentric norms. Tapping into African American cultures, Wilson’s world echoes the framework of Afrofuturism, which “encourages the beauties of African diasporic cultures and gives people of color a face in the future” (Womack 2013, 191). Still, he avoids falling into blind idealism, minutely tracing social and cultural lines that separate the accepted from the unacceptable. This is the second level where Wilson challenges norms: His main protagonists are not only people of colour who are active agents of their lives and in their world, they are also queer people of colour who express their desires. They are of varying social classes, too, sparking intersectional points of friction unlike the white, heteronormative, and sexless protagonists inherited from Tolkien. On a third level beyond setting and characters, Wilson reflects on the inherent structural logic of the quest. He spins a dense but weirdly vague science-fantasy world in a rich, lyrical language of myth. While Wildeeps keeps the element of spatial movement intact but subverts the healing power of its protagonist, with Honey Wilson utterly shifts from an investigation of space to one of time and agency, turning – as this paper shows – his powerful novellas into tools for a fundamental, poetic questioning of the traditional quest narrative and human limitations.
Lars Schmeink (University of Leeds/Universität Flensburg): The Queer Community Protopia of Ace in Space As Judith Vogt and James Sullivan claim in their Progressive Fantastic manifesto, science fiction needs to let go off its “obsolete” traditions and themes, breaking the mold for new thoughts and forms. In the narrative world for Ace in Space (which comprises of a roleplaying game, a novel, a novella and several shorter pieces), authors Judith C. and Christian Vogt have taken this to heart. The world of AiS ideally showcases the proclaimed “progressive SF” by embracing what Monika Bielskyte calls a “protopian future” by rejecting binaries and embracing queer identities, by breaking up borders and shifting towards building communities, by celebrating the moment and a singular vision of presence, by focusing on life and regeneration and evolving cultural values to embrace creative subcultures. This paper will read Ace in Space through the category of the “protopia” and showcase its status as “progressive SF”.
Anne Laura Penning (Universität Münster): Sense8 – Transgressing Minds and Borders In the last two years, amidst a global pandemic and numerous lockdowns worldwide, inter-human connections and upholding social contacts and relationships have become a focal point of our daily lives. “Social Distancing”, connecting with friends and family while still keeping physical distance, has become a part of seemingly everyone’s life. Connecting with a chosen circle of friends and family without a physical meeting is also a significant core feature of Netflix’s most prominent science fiction series, Sense8. The show centres around eight main characters from different parts of the world who suddenly find themselves mentally and emotionally connected. They share their thoughts, feelings and skills with each other, can have conversations without being physically together and are even able to switch over into the other characters’ bodies. The aspect of this newly merged consciousness and the dynamics of this close-knit circle of characters is the main concern of my paper. I argue that the series presents us with a found family that transgresses not only consciousness, but also gender norms, national and cultural borders, and sexual boundaries and religious beliefs. Thus, the paper elaborates on how the series creates an imagined reality where queer communities can find each other, build a life together and fight all odds, regardless of social status, gender, sexuality, and location. It pays special attention to how these elements are highlighted both in narrative and visual elements and how the series breaks up literal geographical and metaphorical borders and boundaries.
James Thurgill (University of Tokyo): Beyond Text and Space: The Fantastic Geography of Lafcadio Hearn’s Japan The fantasy genre presents readers with innumerable imagined ‘elsewheres’ and ‘otherworlds’ to be explored, yet the fantastic geographies it produces are not simply confined to the pages of the literary work. Rather, they embody and expand the lived space of the world outside of the narrative in which authors, editors, publishers, and readers come together in the ‘spatial event’ of the text (Hones 2008). Moreover, through its references to identifiable elements of the lived-environment and emergence from and continuation of existing social discourses, fantasy literature destabilises the otherwise distantiate geography of its ‘imagined’ worlds. Such a process can be observed in the fantastic tales of Lafcadio Hearn (1850-1904), whose retelling of Japanese kaidan (‘strange stories’) locate all manner of weird entities and peculiar experiences in the known, physical landscape. Combining existing folklore, lived geographies and their literary re-imaginings, Hearn’s tales reveal the complex relationship between geography and imagination in an existent Meiji era Japan (1868-1912), demonstrating that “[f]antasy texts and landscapes are not purely fantastic, or rather neither more nor less so than other texts or landscapes” (Balfe 2004: 75). As such, Hearn’s writings reflect an ‘interspatiality’ (Hones 2022) which emerges from the inseparability of the real and fantasy geography existing within and without the text, confronting readers with a world that is simultaneously knowable yet out of reach. Literary geography, an interdiscipline comprising of academic geography, lived social and physical geographies, literary studies, and literary texts, has, in recent years, demonstrated how texts both produce and are produced by a series of interconnected spatial relations. When examined from a literary geographical perspective, Hearn’s fantasy geography appears as an intermingling of imagined and observable connections between Japanese people and the spaces they inhabit, producing a collaborative, experiential geography which exists at once internal, interconnective, and exterior to the space of the text. This paper engages current theory and practice in literary geography to explore the ‘interspatiality’ of Hearn’s work, examining the ways in which perceived spatial boundaries blur and/or collapse during the ‘event’ of the fantasy text to produce unique literary-geographical encounters.
Stephen Joyce (Aarhus University): Exploring the Sociolinguistics of Fantasy Worlds A significant element in most fantastic geographies is the presence of real elements, thus using our knowledge of the Primary World to provide scaffolding for the Secondary World. High fantasy maps, for example, still chart imaginary worlds in familiar terms, such as mountains, rivers, and cities, while science fiction universes speak of planets, solar systems, and galaxies, real-world concepts we can easily transfer to the fantastic, even if the specific names are invented. Other aspects of fantastic world building are more subjective, such as the cultures evoked by particular clothing styles or architecture. However, while the visual side of world building has received a great deal of attention, the audio aspect has been rather neglected. How are sound qualities that we recognize from our world translated into fantasy settings, and how do these assist audiences in constructing imaginary worlds? This paper examines the use of accents in fantasy media to investigate how they help shape our conception of the fantasy world. In Game of Thrones, for example, the use of different English accents scaffolds the audience’s understanding of Westeros as being geographically similar to England, with a north-south axis, a dominant southern capital, and a wilder northern land divided by an artificial barrier like Hadrian’s wall. The Witcher III: Wild Hunt, in contrast, uses the same accents primarily to establish social geography, mapping our perception of accents onto issues of social class and urbanization. Other fantasy series, such as HBO’s Beforeigners, use wholly invented accents, relying on aspects of sound to distinguish the primitive from the modern. Using examples from different media, this paper explores how a sociolinguistics of fantasy worlds assists in the construction of fantastic geographies.
Pierre Van Cutsem (Uniwersytet Śląski w Katowicach): Polish Fantastic Literature in German and in English Translation: A Geographical Problem? The aim of this paper is to discuss the terminological and methodological issues arising with the translation of Polish fantastic literature into German and English. First, I will focus on Julian Tuwim’s anthology (published in German translation as Die Polnische phantastische Novelle in the FRG and Pinettis weiße Rose in the GDR), then on The Dedalus Book of Polish Fantasy (see Powaga 1993), and finally discuss the translations of one of the most famous Polish fantasists, Stefan Grabiński (e.g., Eckert, Charlotte and Kurt Kelm 1985, Lipinski 1993 and Powaga 2007). To this day, only two anthologies of Polish fantastic literature in the broadest possible sense of the term have ever been published. The first one in German (see above) and the second one in English. Despite their unique character Die Polnische phantastische Novelle and The Dedalus Book of Polish Fantasy contain works that do not necessarily belong to the same genre. This, I argue, is not only due to the broad timespan (from the 18th century to contemporary literature) but also to a translation issue. The Polish term for “fantastic” is fantastyka. Followed by an adjective the word is used to form some of the main traditional subgenres of speculative fiction, e.g. science fiction (fantastyka naukowa) and fantastic literature (fantastyka grozy in the sense of French fantastique in Todorov’s and Caillois’s understanding of the term). “Weird fiction” and “fantasy” only began to be used subsequently under the growing influence of anglophone speculative fiction. In recent years, Polish weird fiction/fantastic writer Stefan Grabiński has been, for his part, enjoying a particular attention not only in Poland but also in the rest of the world, mostly due to the translation of many of his short stories by Miroslaw Lipinski (from 1986 onward).
16:15
IBZ, EF59 / Zoom
Begrüßung/Welcome
Grußworte von Prof. Sarah Buschfeld (Prodekanin Forschung und Wissenschaft)
und Prof. Gerold Sedlmayr (Lehrstuhl British Cultural Studies) /
Welcoming Speech by Prof. Sarah Buschfeld (Vice Dean for Research and Science)
and Prof. Gerold Sedlmayr (Chair of British Cultural Studies)
16:30-17:30
IBZ, EF59 / Zoom
Keynote I: Dr. Karl Bell
Magic, Monsters, and Marvels: Navigating the Psycho-Fantastical Geography of the Atlantic Ocean, c.1780-1920
Tag/Day 2: Freitag/Friday, 23.09.2022
9:00-10:30
Panel IV
A) Künstliche Orte
EF50, R 3.427 / Zoom
Moderation/Chair: Eckart Voigts
Tanja Kilzer (Universität Siegen/Universität Köln): Von der Fantasie zur Realität? – Zum Transformations- und Kreationsprozess genuiner sowie quellenbasierter fantastischer Landschaften und Geographien im Bereich der Freizeitpark- und Themenweltgestaltung Der Traum eine eigene fantastische Welt zu erschaffen mit genuiner Historiographie, eigenen neuerdachten Bewohnern sowie Wohn- und Architekturkonzepten, mag seit jeher die Menschheit begleitet haben ebenso wie der Wunsch in eine der zahlreichen, unbekannten Fantasie-Landschaften eintauchen zu können, die von Autoren sowie in späterer Zeit auch Filmschaffenden und Computerspieldesignern erdacht worden. Während die Geographie jener Orte vorwiegend im Kopf durch die eigene Imagination entsteht oder auf der Leinwand präsentiert wird, zeigt sie sich nicht als vollkommen „real“. Die beschriebenen Orte mit ihren Geräuschen, Gerüchen und Eigenarten können nur innerhalb der eigenen Fantasie wahrgenommen und erlebt werden ebenso wie kein freies Agieren mit den beschriebenen Charakteren möglich ist. Der Leser bzw. Konsument dringt zwar in jene Welten innerhalb des Lese- oder Schauprozesses immer weiter vor, jedoch ist er sich bewusst, dass er sich nie körperlich in jenen fantastischen Geographien aufhalten kann. Jenem Sehnen versuchen Freizeitparks sowie andere Orte der Unterhaltungsindustrie Abhilfe zu schaffen, indem sie komplette fantastische Geographien aus bekannten literarischen sowie cineastischen Quellen zu Themenwelten transformieren. Großflächige Areale werden zu erlebbaren und begehbaren Ortschaften und Landschaften aus bekannten Romanen und Filmen wie „Harry Potter“, „Die unendliche Geschichte“ oder „Avatar“, die den Gästen erlauben, ein Teil der fantastischen Welt zu werden und sie zu erleben. Sie ermöglichen die Illusion jene Welten betreten zu können und sie mit den eigenen Sinnen zu erfahren. Eine Erfahrung, die über den virtuellen und imaginierten Raum hinausgeht, trotz des Wissens sich in einer konstruierten Scheingeographie zu bewegen. Neben jenen quellenbasierten Themenwelten zeigt sich zugleich auch das Phänomen genuiner fantastischer Geographien in jenem Bereich. Neue, für den Besucher unbekannte fantastische Geographien, bevölkert mit unterschiedlichen Ethnien, durchdacht bis ins kleinste Detail, von der getragenen Kleidung bis hin zur eigenen Kultur und Religion, sowie neuartige gestaltete Landschaftsformen und Architektur zeichnen jene Themenwelten aus. Fragen, wie welche Faktoren bei der Gestaltung dieser gebauten, komplexen, fantastischen Geographien eine Rolle spielen, wie detailreich jene Geographien wiedergeben werden müssen, damit sie von dem Besucher angenommen werden oder wie jene Welten überhaupt kreiert werden, sollen dabei neben Weiteren beantwortet werden.
Josephine D’Ippolito (Universität Magdeburg): Stepford: Künstliche Intelligenz als Simulacrum einer Hyperrealität – Eine Stadt als Projektionsfläche idealisierter künstlicher Frauen in den Romanen und Filmadaptionen The Stepford Wives Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) vermag es oftmals Unbehagen auszulösen, wird das Attribut „künstlich“ doch häufig negativ mit Fremdartigkeit konnotiert. So entstehen Assoziationen zu menschenfeindlichen Robotern aus Science Fiction Blockbustern in denen Maschinenmenschen in dystopischen Landschaften die Weltherrschaft fordern. Eine viel subtilere Form des Schreckens geht jedoch von der Personifikation des konservativen Frauenideals in Gestalt einer anthropomorphisierten Maschine aus. So ist in dem Roman und den Filmadaptionen The Stepford Wives die eponyme Kleinstadt Stepford, Connecticut, als Raum geschaffen wurden, um tradierte Geschlechterrollen nicht nur neu aufleben zu lassen, sondern gar zu optimieren. Mithilfe künstlicher Intelligenzen in Roboterfrauen als Simulacrum schafft es die satirische Verarbeitung des possenhaften Frauenbilds der 1950er Jahre überspitzt die gesellschaftlichen Anforderungen an die Hausfrau und Mutter dieser Zeit zu karikieren. Die künstlichen Doppelgängerinnen sind jedoch lediglich Zerrbilder realer Frauen, da sie keinerlei vermeintliche Makel besitzen sondern bis zur „Perfektion“ entworfen, gebaut und programmiert wurden. Somit basiert die Stadt Stepford lediglich auf Illusionen, die wenig bis kaum Bezug zur Realität haben. In dem fiktiven Stepford wird demnach das Reale um das Imaginäre überschritten und setzte so bereits in den 1970ern neue Maßstäbe in der posthumanistischen Debatte, der wir uns heute mehr als sonst widmen. Stepford stellt hier den Prototyp oder gar Laborversuch einer Welt dar, in der die Modulation unserer Gesellschaft mithilfe von KI nicht nur zu dem Identitätsverlust freidenkerischer Frauen führt, sondern in der völligen Abschaffung des menschlichen (weiblichen) Geschlechts resultiert.
Nicole Brandstetter (Hochschule München): Utopische Alternativ-Orte der Abgrenzung als Heterotopien in Digitalisierungsnarrativen Durch Digitalisierung und Globalisierung haben sich neue Entgrenzungsmechanismen etabliert; Zygmunt Bauman (2003) spricht von einem „disengagement“ der globalen Elite, die die ursprünglich in der Moderne als unerlässlich angesehenen Voraussetzungen der Territorialität und Finalität zur gemeinsamen Erlangung utopischer Ziele für eine bessere Gesellschaft als überkommen ablehnt. Mit einem generellen Misstrauen gegenüber sozialen Konstrukten wie Gesellschaft ausgestattet, so Bauman, geht es mehr denn je um individuelle Wege und Ziele jenseits von Territorialität und Finalität, die es zu verwirklichen gilt. Auch Mau (2021) betont die Tendenzen der Entterritorialisierung, Denationalisierung und Transnationalisierung, die den Entgrenzungscharakter der Globalisierung illustrieren. In diese Gesellschaftsanalyse hinein sind in den letzten Jahren Romane erschienen, die jenseits der klassischen Science-Fiction-Literatur einen dystopisch-utopischen Gegenentwurf zu den Entgrenzungstendenzen präsentieren. Während Hervé le Tellier in seinem Roman L‘anomalie (2020) spielerisch die Grenzen der Simulation und Duplizierung von Realität auslotet und somit die Prinzipien von Territorialität und Finalität ad absurdum führt, entwerfen andere Romane anstelle der Nicht-Orte der globalen digitalen Elite utopisch anmutende Alternativ-Orte der Abgrenzung als Heterotopien, die jedoch durch ihre narrative Ausgestaltung dystopischen Charakter entwickeln. Eine territorial ausgerichtete und mit der Idee der Finalität ausgestattete Datenmacht hält Menschen in Eugen Ruges Follower (2016) gefangen. Die Welt ist geographisch neu geordnet und nach Unternehmenseinflussbereiche aufgeteilt. Die Menschen leben in einer Welt der synchronen Totalüberwachung aller Lebensbereiche zum Zwecke einer besseren, utopischen Gesellschaft. Dass alltägliche Leben ist jedoch eingebettet, gefangen und bestimmt von Anwendungen und Optimierungen, in denen das Selbst sich zu verlieren droht. Die narrative Ausgestaltung, endlose, über Absätze sich zersplitternde, nicht enden wollende Sätze, unterstreichen die Gespaltenheit zwischen Entgrenzung und Abgrenzung, zwischen Ortlosigkeit und Gefangensein in dieser neuen Weltordnung. Noch weiter geht Dave Eggers in seinem Roman The Every (2021). Er zeichnet das Bild einer Gesellschaft, die die freie Wahl und Individualität als Bedrohung sieht. Stattdessen unterwerfen die Menschen sich freiwillig jeder noch so absurden Idee der digitalen Optimierung und Überwachung, nur um einem utopischen Ideal einer besseren Welt zu dienen. Die idealtypische utopische Heterotopie ist der Unternehmensstandort von The Every, der Schutz und Planbarkeit verspricht. Als territorial abgegrenzten Alternativ-Ort bietet er den Bewohner:innen die Überschaubarkeit und Zielorientiertheit im Sinne von Nachhaltigkeit, Gesundheit und political correctness für ihr Leben und die Gesellschaft als Ganzes. Allerdings zeigt der Roman, wie die Menschen eben durch die angst- und optimierungsgetriebene Flucht an diesen Alternativ-Ort sich selbst an die ökonomischen Macht- und Machbarkeitsansprüche durch Digitalisierung verlieren. In Raphaela Edelbauers Roman Dave (2021) schließlich haben sich Menschen von der lebensfeindlich gewordenen Außenwelt komplett abgeschottet und leben im utopisch anmutenden Alternativ-Ort eines riesigen, hierarchisch organisierten Labors, in dem Programmierer auf die Bewusstwerdung der KI Dave hinarbeiten, um die Menschheit von allem Übel zu erlösen. Diese klaustrophobische Heterotopie scheint unüberwindbar und bietet territorialen und ideellen Schutz vor der Welt draußen, jedoch für den Preis der autoritären, digitalen Machtkontrolle über die Menschen. Erzählerisch komplex und gleich einem Möbiusband paradox verschachtelt zeigt die Narration die Verlorenheit und eigentliche Ortlosigkeit der heterotopischen Konstruktion. Die genannten Romanen realisieren Foucaults Theorie der Heterotopien als mythische oder reale Negationen des Raumes, in dem wir leben. Illusionsgleich entlarven diese Orte in ihrer simulierten Ordnung die, so Foucault (2021), wirre Unordnung unseres Raumes durch Digitalisierung und Globalisierung.
Sarah Faber (Brandenburg University): Between the Charmingly Fantastic and the Utterly Mundane: The Contextual Ambiguity of Fictional Geography in The Sims The Sims games have been a well-known staple in gamers’ libraries ever since the release of the original The Sims in 2000, followed by many expansions, spin-offs and sequels. In my presentation, I would like to discuss how the geography of the current title, The Sims 4, bridges the chasm between the mundane and the fantastic, how its geography shapes the games’ dynamics of content versus form, and how the fictional physicality of the gameworld situates the game and ist players within current discourses around (anti-)capitalism. A curiously hybrid position with regard to realism has always been an integral part of the series. At their core, Sims games revolve around ordinary life; meeting the characters’ basic needs is a central feature of the gameplay, from which other mundane tasks – get a job, earn money, have relationships and perhaps start a family – follow logically. However, the supernatural has always existed side-by-side with this core of mundane gameplay: the grim reaper appears when a sim dies, and deceased characters return as ghosts. Several of the expansions have emphasised supernatural aspects further, introducing aliens, vampires, mermaids or spellcasting abilities. The result is a sometimes strangely incoherent, sometimes almost accidentally and oddly hyper-realistic whole, where extraordinary experiences occur back-to-back with the boring necessities of everyday-life. The geography of the game mirrors this balancing act: picture-book suburban neighbourhoods sit next to fantastical places like Glimmerbrook, and some regions even unite these different worlds, such as Sulani, which is both a tropical vacation paradise and home to a thriving mermaid community. Expansions such as “Eco Lifestyle” and “Island Living” also tie environmental and political concerns into the gameworld, introducing areas that are shaped by a fight against pollution and even encouraging political participation through new gameplay features. The result are some interesting implications about capitalism and consumerism. My presentation is going to analyse how the gameworld’s geography in The Sims 4 interacts with gameplay features and implicit socio-political messaging. Special attention is going to be paid to the role of form versus function, how these tensions relate to larger political issues, and how inherent contradictions and ambiguities in the game’s physical world enable a range of different and even contradictory readings of the game, including both capitalist utopia and consumerist dystopia.
Rachel Dowse (independent: Fantasy Soundscapes on Virtual Islands: The Virtual Geographies of Proteus and Dear Esther The ability of virtual worlds to explore abstract concepts such as geography, landscapes and narrative, unencumbered by specific historical and cultural aspects allows for nuanced experiments in how relationships with place can evolve. Two games which effectively isolate different aspects of this are Proteus and Dear Esther. Proteus (Twisted Tree, 2013) is a game in which the player explores a fantasy island environment. The island is generated randomly each time the game is played, but always contains certain folkloric elements, such as a forest, standing stones, and a hut. Proteus makes specific use of diegetic sound – every feature on the island produces its own music, which combine to create a unique soundtrack, generated in a spontaneous dialogue between the randomised world and the uncontrolled actions of the player. Dear Esther (The Chinese Room, 2012), meanwhile, takes place on an island landscape whose layout remains the same on every playthrough. In contrast to Proteus’s randomised, abstract approach, Dear Esther uses its game world to explore a visual narrative using more traditional concepts of authored pacing and plot, while a voiceover tells fragments of a story which takes place over the past, present and future. These narrative fragments, reminiscent of psychogeographical narrative and containing fantastical elements, are shuffled and played at random. In this way, unauthored, procedurally shifting and sometimes contradictory narratives are overlaid onto a static landscape. This paper will discuss how these games use the randomisation made possible by their medium to explore the ways in which sound and internal narrative can create personal geographies of both real and virtual landscapes. I will also explore how the soundscapes in both games contribute to the sense of both islands being characters with a “voice” and specific presence in their respective games, as opposed to being passive backdrops to the action.
Zef Segal (The Open University of Israel): Imagined Motion in Haifa: Digitally Reading Space and Time in Ikhtayyi by Emile Habibi Literary cartography is a used to analyze space and spatial acts in literary texts. The visual outcomes, maps and networks, enable readers and scholars to ask diverse questions about the plot, the characters, the imagined geography and the interrelations between space and time. The mapping in all its forms bridges between a “close reading” and a “distant reading” of the text. This paper examines the spatial and temporal movement in a book that has a seemingly static narrative. Ikhtayyi by Emile Habibi tells a story of a traffic jam in the Israeli city of Haifa that stimulates the narrator’s search for his lost childhood memory, which faded after the establishment of the state of Israel. The book juxtaposes the narrator's present (the 1970s and 1980s), the time before the establishment of the state of Israel (which he calls "the Days of the Arabs"), as well as legends, myths, and classic stories of Arab travelers. The complexity of this quest reflects Habibi’s undermined assurance "in the possibility of the existence of a freedom of longing for this country within this country, the freedom of longing for Haifa within Haifa." The novel tells a story that stretches across past, present, and future, and is located in real and imagined geographical points across the globe; yet all this together form a single place, “Haifa” of the narrator. Rather than using literary cartography as a way to describe the route of the character or the plot, it is used here as a way to understand Emile Habibi’s city of Haifa in its broadest definition; as a place that lies between the local and the global, between the real and mythical, between the past and the future. By analyzing two-dimensional and three-dimensional geographic maps, as well as spatial networks, as functions of textual timelines, I depict a process, in which the narrator’s memory gradually consolidates out of an original state of fragmentation.
Friedhelm Schneidewind (unabhängig): Entfernung, Reisezeit und Glaubwürdigkeit (online) In einer fantastischen oder zukünftigen Welt spielen Entfernung und Transportmöglichkeiten oft eine nicht unerhebliche Rolle – zumindest, wenn Wert gelegt wird auf eine in sich schlüssige Erzählung. Dem kann man natürlich leicht ausweichen: in der Science Fiction durch die »Erfindung« besonderer Techniken wie Überlichtantrieb oder Beamen, in der Fantasy durch magische Hilfsmittel wie Portschlüssel, fliegende Pferde und Teppiche, Geister oder sonstige übernatürliche Transportmittel. Aber selbst beim Einsatz solcher Möglichkeiten ist es oft nötig, den Zusammenhang von Entfernung und Transportzeit im Auge zu behalten. Umso mehr gilt dies, wenn mit »üblichen« Transportmitteln gearbeitet wird, bei denen ein Nachrechnen leicht möglich ist. Dies gilt in Romanen und Erzählungen ebenso wie in Filmen und bei Spielen. Es geht um die innere Glaubwürdigkeit einer Geschichte. Frederik Pohl meinte einmal, ein SF-Autor dürfe lügen, dass sich die Balken biegen, aber eines würde man ihm nie verzeihen: wenn er auf der »erlogenen« Prämisse nicht logisch aufbaue. Poul Anderson betont in »Pfusch und Schlamperei in der Fantasy«: »Abgesehen von Magie, Heldentaten und anderen Glanzlichtern, muß eine erfundene Welt richtig funktionieren.« Viele Autor*innen legen deshalb großen Wert auf stimmige Reisezeiten, sehr schön ist dies etwa zu beobachten in der Thomas-Covenant-Saga von Stephen R. Donaldson, den Deryni-Romanen von Katherine Kurtz, den Elfenromanen von Bernhard Hennen und natürlich den Mittelerdeerzählungen von Tolkien, zu denen es gleich mehrere Atlanten mit Wege- und Zeitberechnungen gibt. Ich möchte diesen Zusammenhang von überzeugenden Reisedarstellungen und Glaubwürdigkeit an ausgewählten Beispielen verdeutlichen, u. a. der »Geschichte des Hasan aus Basra und der Prinzessinnen von den Inseln Wak-Wak« und »Der Herr der Ringe«. Anhand meines historisch-fantastischen Abenteuerromans »Das magische Tor im Kaukasus« möchte ich abschließend zeigen, wie Berechnungen von Wegstrecken und Reisezeiten mit unterschiedlichen Transportmitteln (Kamele, Pferde, Schlitten ...) aussehen können – und auch, wie viel Recherchearbeit damit teilweise verbunden ist.
Carolin Slickers (Universität Bonn): Nicht-Orte: Fluide Geographien in J. K. Rowlings Harry Potter Romanen Ein großer Reiz der fiktionalen Welt um den jungen Zauberer Harry Potter zeichnet sich, gerade für junge Leser*innen, dadurch aus, dass diese Welt entrückt ist– und zugleich immer wieder erreichbar erscheint. Betrachtet man die Geografien und Konstitution magischer Räume in den Romanen wird deutlich: die Magie liegt (auch) im konstanten Spiel von Setzungen und Zersetzungen von Orten. In dem Vortrag möchte ich in drei Abschnitten (Tore zur magischen Welt– Das sich rekonstruierende Schloss – Die Karte des Rumtreibers) analysieren, wie die fluiden Geografien in J.K. Rowlings Texten funktionieren und inwiefern sie das fiktionale System aus Fantastik und literarischer Weltenbildung konstituieren. Der erste Abschnitt beschäftigt sich mit Orten, die zwischen realer und fantastischer Welt changieren, so z.B. der Bahnhof Kings Cross. Als Orte der Transgression rezipieren sie nicht nur literarische Topoi, sondern haben auch die Funktion eine Erreichbarkeit der magischen Welt zu suggerieren. Im zweiten Abschnitt betrachte ich das Schloss Hogwarts, dessen Innen- wie Außenräume sich konstant verändern. Diese spielerischen Ver- und Ent-Ortungen konstituieren das Schloss als eigenständigen Akteur, in dessen Tiefen, ähnlich wie Kafkas Schloss, nie vorgedrungen werden kann. Im dritten Absatz gehe ich auf einen ähnlich souveränen Akteur ein, nämlich die Karte des Rumtreibers. Als fluides Medium ist sie in der Lage, fluide Geografien zu fassen. Zwischen Kartografie, Palimpsest und digital anmutendem Synchron-Medium, legt sie kritische Fragen im Umgang zu medialen Setzungen von Wahrheit in den Romanen offen – und führt oft in die Irre, wie z.B. im Fall von Peter Pettigrew und Bartie Crouch Jr. So zeigt sich, dass die fluiden Räume in J.K. Rowlings Harry Potter Romanen zentral zur Fantastik der Texte beitragen, indem sie eine magische Welt als real und zugänglich setzen, und zugleich innerhalb dieser Welt Realitätssetzungen konstant herausfordern.
Lea Baumgart (Universität Siegen): Die Vergangenheit als betretbarer Raum in den fantastischen Romanen von Raphaela Edelbauer In ihrem 2019 erschienenen Roman Das flüssige Land schildert Raphaela Edelbauer das Schicksal einer fiktiven österreichischen Gemeinde, die langsam in einem schwarzen Loch im Boden versinkt. Das Loch weist sowohl physikalische Eigenschaften auf – so verändert sich in seinem Umfeld das Zeitempfinden der Erzählerin – wie auch metaphorische, da es eine tragende Rolle bei der Ermordung unzähliger KZ-Insassen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges spielte. Das unausgesprochene Wissen um die eigene Komplizenschaft erzeugt innerhalb der Gemeinde auch ein psychologisches schwarzes Loch. Anhand verschiedener wissenschaftlicher und mythologischer Theorien wird die Vergangenheit als physisch mit der Gegenwart zugleich existenter Ort inszeniert, wie ihn hier die surreal-fantastische Landschaft als stets gegenwärtige Geschichte repräsentiert. Spannend wird dies, wenn man einen Vergleich zu Dave zieht, dem Folgeroman der Autorin, der 2021 mit dem österreichischen Buchpreis ausgezeichnet wurde. Das Genre wechselt, denn Dave ist ein Science Fiction Roman, der die Geschichte einer künstlichen Intelligenz erzählt. Trotzdem zeigen sich Ähnlichkeiten in den erzählten Geographien. Der Erzähler bewegt sich durch ein Gebäude, das sich später als Gedächtnispalast herausstellt, bevölkert von Erinnerungen. In beiden Fällen wird die Vergangenheit zu einem innerhalb der Gegenwart physisch betretbaren Raum, der trotzdem noch einer Wandelbarkeit unterworfen und in seiner Existenz keineswegs statisch ist. Zugleich wird in den Romanen der Erinnerungsprozess als solcher thematisiert, denn auch der Zugang zu Erinnerungen ändert sich abhängig vom gegenwärtigen Standpunkt. Umso beachtlicher ist diese Parallele, da es sich bei beiden Erzähltexten um unterschiedliche Ausformungen der Fantastik handelt. Die Werke der Autorin bieten daher eine interessante Möglichkeit, das physische Zugänglichmachen von Zeit in verschiedenen fantastischen Genres der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur zu beleuchten. Der Reiz liegt dabei in der Kombination vom Raum bzw. einer Landschaft als etwas Stofflichem, das dennoch der wortwörtlichen Verkörperung einer ungreifbaren und vergänglichen Zeit dient.
Diana Schmidt (Universität Leipzig): Im Raum spielen – den Raum lesen. Literarisch inszenierte Videospiellandschaften Die fantastische Literatur zeichnet sich durch die Konstitution zweier oppositioneller Welten aus, folgt man einer der vielen möglichen Definitionen dieser Gattung: der real-fiktiven Primärwelt und der wunderbaren Sekundärwelt (vgl. Nikolajeva 1988). Diese Raumkonstruktion kennzeichnet auch die sogenannte Videospielliteratur. Diesen Begriff gilt es, im Vortrag zu klären. Gemeint sind damit Romane, die Videospielsettings aufgreifen und die Alltagswelt der Protagonisten einer virtuellen Spielwelt gegenüberstellen. Die Welten tangieren sich nicht nur, sondern ermöglichen ein kontinuierliches Changieren der real-fiktiven Figuren zwischen den Welten. Dies wird erzählerisch durch „ein diffiziles und durch mehrere Verschränkungen bestimmtes Spiel mit narrativen Ebenen und fiktionalen Räumen“ (Jakobi 2017, S. 44) geprägt. Der Vortrag will untersuchen, wie Raum- und Figurenebenen in der Videospielliteratur erzählerisch inszeniert werden, in welcher Relation sie zueinanderstehen und welche Funktionen die Konstruktion erfüllt. Dabei soll narratologisch vorgegangen und intermediale Bezüge hinsichtlich des Mediums Videospiel berücksichtigt werden. Fokussiert wird die Adaption der ludischen Performanz von Videospielen in der Literatur. Ein Roman ist in der Regel nicht interaktiv, ahmt aber mit literarischen Mitteln solche Verfahren in ihren Strukturen nach. Das Medium Videospiel unterscheidet sich in seiner Struktur von literarischen Texten durch vier Ebenen, „welche jeweils als Betrachtungsperspektiven für Figur, Handlung, Ort und Zeit dienen“ (vgl. Düerkop 2020, S. 258). Diese gilt es auch in der Videospielliteratur zu berücksichtigen. Konstitutiv ist zudem die Verflechtung der real-fiktiven Welt sowie der fantastischen Spielwelt, die ineinandergreifen (vgl. Kliewer 2000, S. 112). Im Rahmen des Vortrages soll sich auf „intra-/extraludische“ (Meyer-Spinner 2016, S. 266) Texte bezogen werden, in denen der Protagonist in beiden Welten agiert, um zu zeigen, wie dadurch Videospielstrukturen imitiert werden. Das Textkorpus für die Analyse bilden Standart Skill – Voll verglitcht! von Standart Skill und Matthias Kempke, Erebos von Ursula Poznanski und Fluchbrecher – Die Eisrabenchroniken von Richard Schwartz. Anhand dieser Texte soll die Raum- und Figurenkonzeption in der Videospielliteratur exemplarisch untersucht und die Wechselwirkungen zwischen erzählter Realität und erzähltem Spiel herausgearbeitet werden.
Sebastian Jung (Universität Gießen): Der nukleare Frontier in Fallout 3 und 4: Metaphorische Modellierungen des post-nuklearen Ödlands im Spannungsfeld ludonarratologischer und kolonialer Dispositive Der Topos vom nuklear verseuchten Ödland gehört zum grundständigen Bildinventar spekulativer Erzählkulturen des 20. und 21. Jahrhunderts. Verstrahlte Geographien wurden vielfach aufgegriffen, weitergedacht und neu interpretiert, wobei sich verschiedene Typen oder Modelle solcher Inszenierungen beschreiben lassen (vgl. Brians 1987). So reicht die symbolische Rahmung dieser Landschaften von einer zweiten Vertreibung aus dem Paradies (vgl. Clarke, 1951), über eine sozialdarwinistisch konfigurierte Wildnis, in der nur die Starken den Kampf ums Dasein überstehen (vgl. Zelazny 2015), bis hin zum Raum evolutionärer Umbrüche, in dessen mutagener Umgebung die nächste Stufe der menschlichen Entwicklung erreicht wird (vgl. Kuttner, 1962). Videospiele greifen dieses Setting vielfach auf und machen es ihrem Publikum in einem virtuellen, interaktiven Raum zugänglich. In meinem Vortrag möchte ich auf Grundlage metaphorologischer Interpretationsansätze zeigen, dass die von Bethesda entwickelten und veröffentlichten Teile der umsatzstarken Spielreihe Fallout (2008 und 2015) den motivischen Reichtum ihrer literarischen Vorbilder nur bedingt ausschöpfen, da das ihnen zugrundeliegende Design, Genre und die Spielmechaniken bestimmte Modelle begünstigen. Die auf exploratives Gameplay, autonome Spieler-Agency und interaktives world-building (vgl. Bonner 2017, Breslin 2009) angelegten Mechaniken – samt der darauf bezogenen, ludischen Anreiz- und Belohnungssysteme der open-world sandbox – begünstigen eine innovative Modellierung des Topos. Das Ödland wird neu konzipiert als widerspenstige und grausame, aber auch ästhetisch verlockende und ökonomisch verwertbare Ruinenwildnis (vgl. Fuchs 2017), deren Ressourcen es neu zu erschließen und im Lichte menschlicher Bedürfnislagen zu transformieren gilt. Damit versetzen die Titel ihr Setting in das metaphorische Assoziationsfeld des USamerikanischen Frontier (vgl. Kolodny 1975 und Turner 1921, in Fallout 4 expliziert durch die Mechanik des Siedlungsmanagements). Das Ödland wird, trotz der ironischen Qualitäten der Spielreihe (vgl. Cutterham, 2013), zum unkritisch inszenierten new frontier, dessen Grenzen es neu auszuloten und durch Pioniergeist, Risikobereitschaft und Stärke zu verschieben gilt. Darin äußert sich auch ein expansionistisches bzw. koloniales Dispositiv, das so ähnlich in anderen Open-World-Games begegnet (vgl. Hutchinson 2021) und dessen kritische Einordnung den Vortrag abschließt.
Lars Dolkemeyer (FU Berlin): Kontrollierte Zufriedenheit – Stadtwelten zwischen Simulation und Fantastik in Cities: Skylines Utopien schlagen mit einer gewissen Zwangsläufigkeit in totalitäre Herrschaft um, wenn vollkommene Zufriedenheit zum Gegenstand von Überwachung und Kontrolle wird. In Stadtbau-Simulationsspielen, oder city-building simulations, wie Cities: Skylines (2015) verwirklichen Spieler*innen bestimmte Ideen von ‚Stadt‘ durch die Operationen einer solchen umfassenden Kontrolle: Wie sind diese Welten voll glücklicher Bürger*innen ohne Armut, Einsamkeit, Ausgrenzung und Schmerz dabei ästhetisch gestaltet? Und welche Handlungen eines ‚playing utopia‘ (Beil/Freyermuth/Schmidt 2019) sind spielerisch am Werk, um jene eigenartigen Stadtwelten zwischen Simulation und Fantastik entstehen zu lassen? Stadtbau-Simulationen geben ihre utopische Urbanität in der Regel als Repräsentation realer Gesetzmäßigkeiten aus: Vermeintlich handelt es sich um die kybernetische ‚Simulation‘ der mannigfaltigen Dimensionen städtischer Wirklichkeit mit Straßenbau, Verkehrsmanagement, Infrastrukturplanung und lokaler Politik. Die konkrete Operationsweise einer solchen Simulation lässt sich dabei in jeweiligen Spielen entlang ihrer ‚konfigurationskritischen‘ (Pias 2002) Handlungen analysieren, d.h. als bestimmte Weise der Ausführung konfigurativer Akte (Galloway 2006). Der Vortrag zielt darauf, in der konkreten Analysen dieser Spielhandlungen, in den Logiken von Informationsansichten und Steuerungsmenüs, in den spezifischen ‚scopic regimes‘ der Interface-Ästhetiken (Wiemer 2012), gerade dasjenige in den Blick zu rücken, was als eine ins Fantastische gewendete Idee städtischen Zusammenlebens je spezifisch Gestalt annimmt. So soll anhand paradigmatischer Spiele des Genres – etwa auch in der SimCity-Reihe (1989-2014) oder, als Gegenbeispiel, der dezidierten Simulation einer Insel-Diktatur in Tropico (2001) – gezeigt werden, wie Stadtbau-Simulationen eben nicht einfach städtisches Leben ‚simulieren‘, sondern im Gegenteil durch ein komplexes Wechselspiel von realistischen wie fantastischen Modi gekennzeichnet sind. Erst hinter den glänzenden Fassaden der Stadtbilder und hinter den strukturierten Tabellen ihrer Verwaltung werden die jeweiligen Denkweisen von ‚Stadt‘ beschreibbar. Nur das Zusammenspiel dieser Elemente in der Gestalt konfigurativer Spielhandlungen öffnet den Blick für die spezifische Politik gesellschaftlichen Zusammenlebens, welche in den Stadtwelten der Spiele zum Ausdruck kommt.
Malvika Manisha Lobo (English and Foreign Languages University, Hyderabad): Rushdie’s Fantastic Geographies: Literary Sensescapes in The Enchantress of Florence (online) Set in the fifteenth and sixteenth century, Salman Rushdie’s non-linear historical narrative The Enchantress of Florence weaves together distinct tales from Fatehpur Sikri and Florence. This novel fictionalizes history and fuses real historical occurrences with fantastical experiences of individual characters, blurring the line between reality and fantasy. Using the geocritical approach, this essay proposes a sensory aesthetic analysis of the novel’s real and imagined spaces and how the characters interact with these spaces. It studies Rushdie’s ‘world-building’ in the novel and the characters’ ‘being-in-the-world’ by analysing his use of the sensory namely the olfactory, tactile, visual, auditory and gustatory along with extra sensory elements to create fantastical geographies of wonder in the novel. The essay explores the distinguishing textures of Rushdie’s literary language that he uses to channel myriad experiences of characters to the embodied fantastical geographies of the novel to problematize how we perceive history.
Deborah Bridle (Université Côte d’Azur): The Immer, the Manchmal and the Planet at the Other End of the Universe – Understanding the Science-Fictional Space of China Miéville’s Embassytown China Miéville’s Embassytown (2011) is a science fiction novel mostly set in the eponymous location in an undated future. Embassytown is a town founded by humans on the distant planet Arieka and it presents one very singular feature: it is embedded inside a preexisting larger urban structure which is simply called the city and which was established by the endemic intelligent alien species called the Ariekei, also simply referred to as the Hosts by the humans. Arieka is on the edge of the known universe and represents the last beacon of reassuring knowledge before the universe opens up to expanses of yet unexplored space. The two species cohabit peacefully until humans interfere with the essentialist character of Ariekene language, which causes the Ariekei to lose their grasp on reality and plunges the urban space into chaos. The novel follows Avice, the narrator, who tries to make sense of the divide that separated the two species before and during the crisis, and her efforts to try and build something on the ruins of chaos. From the configuration of space (whether it be the planetary system in which Arieka is situated or the unusual urban structure of Embassytown itself) stems the isolation of Embassytowners, their singular position in the political and scientific landscape, and the need for all the inhabitants of the planet to find a resolution (peaceful or otherwise) to the conflict on their own. Indeed, although not geographically too far from other planets in the known universe, Arieka is set apart from those planets by expanses of immer, where the known rules of space and time of the manchmal (where matter as we know it exists and where habitable celestial bodies are situated) do not apply, making space travel extremely difficult and dangerous. My paper proposes to analyse how Miéville uses the tropes of science-fictional geography—distant planets, human colonisation, cohabitation of autochthonous and exploring species, different seasonal cycle, means of transportation and communication across the universe, etc.—to initiate a deep reflexion on alterity and otherness, and on the need for commonality. Space, and the geography that structures that space, acts as a dividing yet uniting force symbolising and mirroring all that is at stake in the novel for humans and Ariekei.
Eva-Maria Stolberg (Universität Duisburg-Essen): “The Monstrous Tataria”: Imagery and Cosmography on Russia in Premodern Times In premodern cosmography Russia was situated on the eastern margin of latinized Europe, it was imagined and pictured as land of monsters (Russland – Risaland – Land der Riesen). Exact geographic knowledge was until the end of the fifteenth century, the age of Renaissance, not existent. It was unknown where this land really ended and Russia was imagined as part of the Great Tataria, the vast land of taiga and steppe inhabited by roaming, wild nomads. The topographical features of the Russian landscape, such as the impenetrable, borderless forests (taiga) and grasslands (steppe) largely contributed to this fantastic imagery. Insofar, as my presentation will show, the real existing topography and the fantastic imagery were blurring in the premodern cosmography on Russia. Another factor of historical reality which facilitated the construction of Russia as part of the “Monstrous Tataria”, i.e. a fantastic and horrific space, was the invasion and occupation of Russia by the Mongols from the thirteenth to fifteenth centuries. As my presentation will further elaborate, the orthodox Russians as part of the medieval Christian world create their own imagery of “wild Russia” which was largely influenced by the real confrontation with the invading nomads from the gorgeous East, i.e. the Mongols. As the only literates in Medieval Russia, the Russian monks used fantastic imagery in order to describe the cultural devastations of orthodox Christian Russia by the uncivilized nomads and unbelievers. My paper is based on premodern Russian literary sources and the first Russian maps and compares these sources with Western European sources thereby finding out what they have in common and where they differ. By this we get an understanding in how far the cosmography on Russia as a “monstrous Tataria” combines real historical facts with fantastic icons. We further get an understanding of the interconnectedness of premodern historical education and fantastic, i.e. imagined entertainment.
Dion Dobrzynski (University of Birmingham): Mapping Escapism in J. R. R. Tolkien’s Shire and the Old Forest Long dismissed as the literature of escapism, fantasy is pejoratively associated with illusions, dreams, and delusions, dangerously disconnected from the world as it is or could ever be. Such a view, however, overlooks the genre’s active resistance to the fantasies of anthropocentrism at root of ecological crises being exacerbated by global deforestation today. This is demonstrated strikingly at the beginning of J. R. R. Tolkien’s The Lord of the Rings (1954-55) when the hobbit protagonists leave the chartered, agricultural landscape of the Shire behind and enter into the strange, creaking dark of the Old Forest. Here the hobbits’ escapist tendencies to avoid or deny the world beyond their everyday realities is radically disturbed, uprooting their sense of the real and unreal in fascinatingly constructive ways. The Old Forest is storied to be an otherworldly and perilous realm by those who rarely venture into it, but the hobbits soon learn that the Old Forest is imperilled as well as perilous; a survivor of rampant deforestation whose future is threatened by the wider ecological devastation in Middle-earth. Here readers encounter a wider reality that forests – ecosystems formed through complex entanglements of diverse organisms – embody so vividly. Mapping the hobbits’ journey across physical and generic thresholds, I argue that fantasy’s escape allows us to be put at a critical distance from immediate or conventional cultural, social, and political contexts, encouraging us to ask meaningful questions about the way we live with forests today.
Mónika Rusvai (University of Szeged): Unmappable Vegetation: Re-Imagining Woodlands in Robert Holdstock’s Mythago Novels Robert Holdstock’s unique fantasy novel, Mythago Wood (1984) starts out from the well-known scenario of white male scientists conquering an unknown land – only to be conquered themselves by the mysterious power of the wood. In the course of the story, all attempts at creating maps of the apparently small Ryhope Wood fail, as some trees of this ancient forest possess extraordinary power. They can enter the human mind and turn its unconscious content into their own material: mythic landscapes and legendary heroes all made of wood. Due to their activity, time and space remain in constant motion within the wooden realm, making orientation impossible. Through an analysis of the protagonists’ unsuccessful attempts at mapping the wood’s interior space, the paper reveals how Holdstock re-imagines human interaction with landscape from a less anthropocentric perspective. Contrary to modern fantasy tradition, the Mythago novels refrain from showing plant agency by mobilising or dubbing the vegetal. Trees of Ryhope can affect human fate while remaining plant-like: silent and immobile, yet receptive of environmental stimuli. The fact that the content of the human mind is also among the vital stimuli for this fictitious wood calls our attention to the interconnectedness of beings. Following in this line, the paper argues that getting involved with the spatial and temporal structure of the wood, humans also become parts of the living and breathing landscape. Thus, Mythago Wood blurs the boundaries of the human and the vegetal by its wooden re-enactment of human mythology and offers a novel interpretation of our relationship with the nonhuman.
12:15-13:30
Mittagspause/Lunch
Ricarda Hirte (Universidad de Córdoba): Phantastik und Psychoanalyse als persönliche Kartographie (online) Der Dichter und das Phantasieren, eine Schrift von Sigmund Freud von 1908, ist der Ausgangspunkt der Überlegung, inwiefern die Psychoanalyse und die fantastische Literatur Begegnungen aufweisen. Die Fantasie als psychoanalytischer Begriff ist immer mit der Erfüllung eines unbewussten Wunsches verknüpft und kann sich in verschiedenen Erscheinungsformen manifestieren, so dass man ihre Äußerungsformen in bewusste und unbewusste Fantasie eingeteilt hat. In der Literaturwissenschaft hingegen folgt die Fantasie und im Besonderen die Definition der fantastischen Literatur, anderen Parametern. Hier vor allem hat sich als eine Weiterentwicklung der Todorovschen Definition, die von Marianne Wünsch erwiesen, demnach die fantastische Literatur in einer narrativen Struktur erscheint, wobei neben dem fantastischen Element dieses auch innerhalb des Erzählrahmens eine Erklärung erhält. Es scheint, als wären beide Bereiche, Psychoanalyse und Literatur, hinsichtlich der Definierbarkeit der Fantasie, nicht so weit voneinander entfernt, wie es bei einer ersten Betrachtung erscheint. Die Idee einer dialektischen Beziehung soll am Beispiel von E.T.A. Hoffmanns Novelle Das öde Haus von 1817 dargestellt werden. Hoffmann gilt innerhalb der fantastischen Literatur als der Initiator dieses Genres, ohne dass seinem Schreiben eine Definition zu Grunde lag, da diese erst viel später, eben durch das vermehrte Aufkommen von Texten dieses Stils, entstanden. So kann die Novelle einerseits unter den Gesichtspunkten der Psychoanalyse und andererseits unter der Definition der fantastischen Literatur gelesen werden und erstellen jeweils eine charakteristische Kartographie. Ob beide Lesarten sich kartographisch ergänzen oder sich gegenseitig abgrenzen, ist Gegenstand des Beitrags.
Dana Steglich (Universität Mainz/Germersheim): „I have stood in Doorways.” Welten, Kartographie und Wegbeschreibung im Werk Susanna Clarkes Reisen nach Faerie waren schon immer prekär. Übergänge in die Anderswelt sind in mythologischen und folkloristischen Texten nur selten klar markiert und Sterbliche, die ihren Weg ins Feenreich finden, haben meistens Schwierigkeiten, in ihre Heimat – oder zumindest ihre Zeit – zurückzukehren. Ebenso wie zahlreiche andere Texte des Fantasy-Genres setzen auch Susanna Clarkes Debütroman Jonathan Strange & Mr Norrell (2004) sowie ihr in derselben Textwelt spielende Sammelband The Ladies of Grace Adieu (2006) die Traditionen der Feenmythologie fort: Während Jonathan Strange im Krieg gegen Napoleon mit Leichtigkeit neue Straßen für die englische Armee erschafft, scheitert er, zunehmend verzweifelt, bis zuletzt daran, die alten Wege ins Feenreich wieder zu öffnen und das Netzwerk von Straßen in die Anderswelt zu navigieren. Zeitgleich werden in Jonathan Strange & Mr Norrell zwei Frauen (und ein Schwarzer Bediensteter) jede Nacht gegen ihren Willen nach Lost-Hope entführt und auch in The Ladies of Grace Adieu zeigen sich die weiblichen Figuren in größerer Nähe zu Faerie – so bspw. die Protagonistin in Mrs Mabb, der es trotz widersprüchlicher Wegbeschreibungen immer wieder gelingt, ihren Weg zu Mrs Mabbs Haus zu finden, in dem diese (in einer Umkehrung der Gender-Rollen in Jonathan Strange & Mr Norrell) ihren Geliebten gefangen hält. Anders als in ihren Faerie-Texten, in denen die Reisen in andere Welten stets aus der Perspektive von Figuren einer alternativen historischen Gegenwart des 19. Jahrhunderts unternommen werden, wendet sich Clarkes zweiter Roman, Piranesi (2020), nicht nur weiter seiner Entstehungszeit zu, sondern wechselt auch die Seiten. Piranesi, der so von einer anderen Figur spöttisch benannte Protagonist, lebt in der Anderswelt des Romans – und fühlt sich bis zuletzt dort zu Hause. In seinen Aufzeichnungen hält Piranesi neben seinen Erlebnissen auch die Wege durch und den Aufbau des ‚Hauses‘ fest, das seine Welt ausmacht. Er ist Entdecker und Kartograph einer Welt, die sich allen anderen Figuren des Romans ebenso wie seinen Leser*innen stets zu entziehen droht. In meinem Vortrag möchte ich die Darstellungsweisen von Anderswelten im Werk Susanna Clarkes vergleichen und dabei zeigen, dass insbesondere die Versuche, Welten bzw. die Zugänge zu ihnen oder die Übergänge zwischen ihnen entweder durch intuitive oder durch wissenschaftliche Methoden zu begreifen, charakteristisch sind für Clarkes worldbuilding – das nämlich spielt stets selbst mit der Grenze zwischen Mythologie und Wissenschaft.
Peter Seyferth (unabhängig): Utopische Karten zukünftiger Kalifornien Richtig gelesen, „zukünftiger Kalifornien“ – es gibt viele fiktionale, in der Zukunft angesiedelte Kalifornien, von denen einige utopisch sind. Ein paar davon werden nicht nur schriftlich beschrieben, sondern auch durch Karten illustriert, die den utopischen Romanen beigefügt sind. Als Beispiele werde ich Ursula K. Le Guins Always Coming Home (1985), Kim Stanley Robinsons Three Californias (1983–1990) und Chris Carlssons After the Deluge (2004) behandeln. Jedes dieser Werke ist schon aufgrund seiner Erzählweise relevant für den utopischen Diskurs, denn das Utopische wird jeweils ausdrücklich thematisiert und ältere Utopien werden kritisch rezipiert. Auch in einigen der klassischen Utopien sind Karten und Stadtpläne Teil des Paratextes. Ausgehend von der literarischen Andersartigkeit der neuen, kritischen Utopien (im Kontrast zu den klassischen Utopien) werde ich die Andersartigkeit des utopischen Kartenmaterials herausarbeiten. Einerseits geht es dabei um die veränderte Funktion der Karten. In klassischen Utopien gibt es häufig Stadtpläne, die offensichtlich der Stadtplanung dienen, also eine konstruktive Funktion erfüllen sollen. Sogar schon vor der Erfindung der Zeitutopien wirken etwa Pläne wie der von Andreaes Christianopolis (1619) wie Blaupausen, die auf Verwirklichung ausgelegt sind; im 19. Jahrhundert werden diese Pläne sehr detailliert. In meinen Beispielen geht es aber nicht um die Konstruktion des ganz Neuen im leeren Raum, sondern um die Dekonstruktion des schon Vorhandenen und den kreativen Umgang mit der Unplanbarkeit. Die neuen utopischen Pläne zeigen durchaus Neues, sind aber von der Geschichte nicht zu trennen. Insofern ähneln sie mitunter Katastrophenszenarien, zumal sich alle möglichen zukünftigen Kalifornien mit dem steigenden Meeresspiegel werden abfinden müssen. Daher geht es andererseits um den Vergleich der fiktionalen Karten mit heutigen gebräuchlichen Karten und somit um die Anbindung der Utopie an die Realität – beide auf zwei Dimensionen reduziert und übersichtlich angeordnet.
András Fodor (University of Szeged): As above, so below: Understanding the City from Two Perspectives in China Miéville’s The Scar (online) In China Miéville’s The Scar a pirate flotilla presents a heterotopic, moving space on the sea that functions as a city-state, called Armada. Thstract:e protagonists of the novel have been kidnapped, constrained and subjugated by these pirates to the new naval laws of Armada in order to become free and equal “sailors and citizens” of this city-state (Miéville 100). The space of the city-state which is constructed by captured and then annexed ships is interpreted by two vantage points of the detained people. One of perspectives is Bellis Coldwine’s, a linguist’s, who suffers from the disorienting nature of this space. Whereas the other one is Tanner Sack’s, an ex-convict and a non-human entity, who later accepts the Armada and perceives this moving heterotopia as his home. As they are setting foot on the board of the Armada, both of them experience complete political, social, and spatial disorientation. Their status is unclear, they have been living on a continent up to the moment of their kidnapping, and they still try to find a fixed point from which they can build their point of reference. The totality of the space of the Armada is conceived as a pirate flotilla that relates to two matters, the urban terrain and the water. The water provides a non-anthropomorphic, non-urban perspective. The paper investigates the methodological dynamism of constructing space of the city-state through the lens of the two point of view characters and explores the differences of spatial construction between the Armada and their previous homes.
Nithin T. (Indian Institute of Technology Kharagpur): Urban Fantasy as Historiography: Mapping the Palimpsest in Anoop Sasikumar’s Kochi Novel The Malayalam[1] urban fantasy novel, Ettamathe Velipadu (“The Eighth Revelation”, 2019) by Anoop Sasikumar, is set in Kochi, a port city located on the southern coast of Kerala, India. The novel shows how the supernatural world of werewolves, vampires, dragons, and sorcerers is intertwined with the natural world of the city. The long history of multiculturalism of Kochi is fictionalized in the novel in the co-existence and interactions of the human and the magical and para-human entities. Since the discovery of the natural port of Kochi in 1341 AD, the city has been a bustling commercial hub. The overseas trade of spices and condiments primarily aided the city in establishing maritime relations across the globe. During this pre-colonial era, Kochi acted as a site of refuge for the Jewish migrants who were fleeing from religious persecution. Later, from the sixteenth century onwards, European colonial powers, including the Portuguese, the Dutch, and the British, conquered and ruled Kochi as a colony. The paper will explore the many myths, folklores, and legends used in the novel that try to capture this layered urban geography of Kochi. The paper will borrow interdisciplinary insights on space and spatiality to understand how the history of Kochi is narrativized in the novel. The paper will also attempt to critically engage with the spatiotemporal layers of the represented city of Kochi through the theoretical idea of “palimpsest”. [1] The official language of the Indian state of Kerala.
Carsten Kullmann (Universität Magdeburg): Mapping Fantastic London in the Twenty-First Century Literary London has long been a city where the fantastic and the mundane intersect. The metropolis’s fantastic spaces are traditionally perceived to be its subterranean areas or labyrinthine alleys. Twentyfirst-century London urban fantasies, however, have largely moved away from these often-Gothicised spaces and privilege other areas of the metropolis as loci of the fantastic. With reference to Ben Aaronovitch’s Rivers of London series (2011–), Jonathan Stroud’s Bartimaeus trilogy (2003–2005), and Benedict Jacka’s Alex Verus series (2012–2021), I discuss two examples, the British Museum and Hampstead Heath, as representations of fantastic spaces in contemporary London. Acknowledging fantasy’s potential for exploring the “structures of feeling” (Raymond Williams) of a specific time and place, I argue that the British Museum represents a space where the British capital is haunted by its imperial past. The Heath, in contrasts, epitomises the intertwining of (seemingly) natural spaces with the cityscape. These new loci of the fantastic in the British capital cannot be examined without also discussing the series’ narrative focalisation, since the protagonists map the city by traversing and experiencing it, and it is they who relate their perception of the cityscape to the reader. Most prominently, sensual impressions such as seeing, feeling, and hearing exacerbate the encounters with the urban fantastic and condition how fantastic spaces are constructed and (re)presented. Therefore, this paper combines a reading of space and narrative focalisation to offer an analysis of contemporary London’s fantastic geography.
Eckart Voigts & Rüdiger Heinze (TU Braunschweig): Neverwhere, Somewhere, Everywhere: A Modal Logic Approach to Fantastic Topographies As recently as 2019, Thomas L. Martin notes, somewhat confounded, that possible worlds (pw) theory has mostly not found entry into theories of the fantastic, despite its obvious usefulness for and amenability to speculative fictional worlds. In part, he surmises, this is due to the realist/mimetic fallacy underlying some versions of pw theory that postulate one actual, real world in relation to which possible worlds (and their parameters) must needs situate themselves. In this logic, the "impossibility" of fantastic worlds is something pw theory cannot "talk" about (unlike, say, science fictional worlds). However, once this "truncation" is removed, pw theory actually provides a powerful tool not only for analyzing fantastic worlds and, by implication, their geographies, but also for highlighting their ideological investments. In this talk, we will use a pw framework to look at and distinguish different types of fantastic geographies and their "worldly" repercussions in a number of contemporary fantasy novels, movies, comics, and series. In the first part, Rüdiger Heinze will propose and discuss a modal logical framework (pw) and methodology for analyzing fantastic fictional worlds. In the second part of the talk, Eckart Voigts will discuss the (im)possible urban world in China Miéville’s novel The City and The City (2009) as an example. Here, Miéville posits two cities, Besźel and Ul Qoma, existing within exactly the same physical space, but in separate, phenomenologically different dimensions. He will debate whether the novel merely suggests a breaking of natural laws or, more fundamentally, of possibility (Ryan 1991) and whether the idea of metaphor is useful in removing Martin’s “truncation”.
Ruth Watson (University of Auckland): Ghosts, Skins and Souvenirs of the World: Transmission and Material Cartographies Whether it is a globe made from calf hide (Parmagianini’s 1968 Pellemundo) or a cityscape in talcum powder (Nipan Oranniwesna’s 2007 City of Ghost) that gives viewers a ghost’s point of view, contemporary artists generate new worlds by mashing up semiologies of materiality with tropes of cartography. Each embodied map offers new opportunities for perceiving the world in new ways, accessing legacies that the digital does not always reinforce. This paper does not propose such artworks in opposition to the virtual – which, after all, remains dependent on grimy undersea cables and rare earth minerals, to name some of its supports. Having said that, the transmissibility of materiality creates tensions for perception and reception that are worth investigating, particularly now with the headlong rush to embed the virtual within increasingly wider swaths of everyday experience. As Susan Schuppli noted, the commensurability of an image of an oil spill that is hundreds of kilometers wide and extends below a visible surface is complicated: “Our task now is precisely that of attending to the extreme and disputed images that matter itself is throwing up at us.”1 I will show some of my recent work – including works using tourist souvenirs – alongside other historical and recent examples from contemporary art. This paper will also explore how the distribution of images both impedes and facilitates discourses around objecthood and material cultures. It seeks not to resolve the tension but to consider these ontological differences as part of a critical praxis. Such practices might offer sticking points – ghosts, skins, false memories – within the rhizomatic flow of global desires and signifiers. 1. Susan Schuppli, “Slick Images” in Allegory of the Cave Painting, eds. Mihnea Mircan and Vincent W.J. van Gerven Oei. Mousse Publications, 2014, p. 444.
Kristin Aubel (TU Dortmund University): From the Bush to Druhástrana: Helen Oyeyemi's Real Magical Places In her stories, British-Nigerian author Helen Oyeyemi creates magical places that are never simply secondary worlds but often spaces of transition and becoming – in other words what Homi Bhabha calls “third spaces”. In The Icarus Girl (2005), hybrid protagonist Jess enters the bush, a spiritual place inspired by Yoruba mythology. While it provides her with the opportunity to become a full person, she is also in danger of being trapped there forever. In Boy, Snow, Bird (2015), the town of Flax Hill, Massachusetts, becomes a safe space for white protagonist Boy, fleeing from her abusive father. For her black but passing step-daughter Snow, however, this community haunted by racist understandings of beauty hinders her bildung: she has to leave in order to become a subject. In Gingerbread (2018), the fictional Druhástrana is the country of protagonist Harriet’s childhood memories. Its physical existence is doubted diegetically and an attempt to return to it proofs to be almost deadly. Its importance for Harriet’s identity and becoming, however, is unambiguous. Oyeyemi’s magical places are thus not meant to be stayed in but passed through or left behind. This point is stressed by the fact that none of her magical houses are capable of providing stable homes for her characters. While the mythical somewherehouse with doors to two continents in The Opposite House (2007) and the racist haunted Silver house in White Is for Witching (2009) are the most prominent examples, there are also the deteriorating Gbenga compound in The Icarus Girl, the lonely lighthouse in Mr. Fox (2011), the mysterious House of Locks and many others in What Is Not Yours Is Not Yours (2016), and the shifting Kercheval family home in Gingerbread. In this talk, I will lead through Oyeyemi’s itinerant magical spaces, showing that they enforce dangerous and painful but necessary processes of transformations, either diegetically or on a meta-narrative level.
16:30-18:30
IBZ, EF59
Mitgliedervollversammlung der Gesellschaft für Fantastikforschung (GfF)
Tag/Day 3: Samstag/Saturday, 24.09.2022
10:00-11:30
Panel VII
A) Proto-Fantastik
EF50, R 3.427 / Zoom
Moderation/Chair: Laura Zinn
Aleta-Amirée von Holzen (unabhängig): Mit Mantel und Degen zum Mond und zurück: Reisen in fantastische Gefilde in der Comic-Serie De Cape et de Crocs Reisen zum Mond und voyages imaginaires haben in der Science-Fiction-Literatur eine lange Tradition und machen einen beträchtlichen Teil sogenannter Proto-SF aus. Eine Hommage an diese Geschichten – insbesondere an Cyrano de Bergerac als Autor und Figur – ist die zehnbändige französische Comicserie De Cape et de Crocs von Alain Ayroles und Jean-Luc Masbou (1995–2012, dt. Mit Mantel und Degen, ab 1997). Im Venedig des 17. Jahrhunderts stossen zwei galante Degenfechter, der Fuchs Armand Raynal de Maupertuis und der Wolf Lope de Villalobos y Sangrin, auf eine Schatzkarte und treten eine Reise ins Unbekannte an. Erstes Ziel ist der sagenumwobene Archipel der Tangerineninseln. Von dort aus reisen die Protagonisten und andere Reisegruppen mit verschiedenen ‚(pseudo-)wissenschaftlich’ erklärten Vehikeln, darunter eine Holz-Rakete, zum Mond. Auf der Suche nach dem legendären „Fechtmeister“ aber treffen sie auf der abgewandten Seite des Mondes wieder ganz andere topografische Bedingungen an. HWie sich zeigt, wartet auf der fantastischen Reise hinter jedem Ziel in der Ferne erneut eine rätselhafte Landschaft auf ihre Erkundung. Gerade diese Territorien erschliessen für die Leserschaft als Paratexte Landkarten in frühneuzeitlicher Optik. Die friedvolle selenitische Gesellschaft bildet eine Gegenwelt zur Erde. Während ihre Kultivierung des Raumes als höchst geordnet erscheint, bietet die Geografie des Mondes verfremdende Elemente: Die Städte können wandern, das Gold wächst auf Bäumen, Musikinstrumente bilden die Fauna. Die Mond-Landschaft changiert zwischen kultivierter Ordnung und Zonen des Unbekannten, die immer wieder die Anpassung der Reisenden erfordern (z. B. befahren die Schiffe die wasserlosen Meere mit Rädern). Insbesondere die abgewandte Seite des Mondes scheint dabei eine geografische Verortung der Fantasie darzustellen. Die Ausgestaltung der Geografie und die verschiedenen Inanspruchnahmen der Räume durch die Protagonisten tragen wesentlich dazu bei, die erzählten Abenteuer als fantastisch zu kennzeichnen.
Jennifer Preuß (Universität Bochum): Phantasus Geographicus – Natürliche Räume, unheimliche Orte und Grenzgebiete des Wahnsinns Die Serapions-Brüder (1819-21) sind nicht nur eine Sammlung schön und spannend zu lesender Erzählungen und Märchen; sie erfüllen darüber hinaus eine Vielzahl von Funktionen: Die Darstellung einer sich selbst erschaffenen Literatur (Genese), die Etablierung des Traums als politologisches Motiv in der Romantik und die Umkehrung des Wertehorizonts von Vernunft und Wahnsinn. Der Übergang vom Natürlichen zum Unheimlichen stellt eine Grenzüberschreitung dar und führt den Leser in den Raum des Fantastischen. In diesem Beitrag wird dargestellt, wie die Schwelle des Übergangs Störungsaspekte aufruft, die das Fantastische erzeugen und wodurch sie gekennzeichnet sind. Darüber hinaus werden konzeptionelle Überlegungen zu den vielschichtigen Erzählebenen und intertextuellen Bezügen angestellt und als Strukturmerkmale offengelegt. Nach einem theoretischen Überblick über die klassische Definitionsgeschichte der Fantastik (Todorov, Vax, Caillois) wird anhand eines Vergleichs von Hoffmanns Die Serapions-Brüder zu Tiecks Phantasus (1812-16) eine Analyse fantastischer Topografien (z. B. Wald, Berg, Bergwerk) durchgeführt, welche sowohl die Dynamik der Bewegung vom Natürlichen zum Unheimlichen beleuchtet, als auch einen Bezug zur Psychologie herstellt, indem Räume des klinisch-Therapeutischen diametral entgegen gestellt werden (z.B. Irrenanstalt, Krankenhaus) und so die Richtung vom Unheimlichen zurück zum Natürlichen gelenkt wird. Im Spannungsfeld dieser Bewegungen und Durchquerung von Räumen wird das Fantastische verordnet, dessen Atmosphäre des Unheimlichen und des Wahnsinns gleichermaßen von einer Art Geheimwissen geprägt zu sein scheint. Dieser Beitrag diskutiert die Frage, ob sich Elemente Hoffmann’scher Kartographie in der fantastischen Literaturlandschaft wiederfinden, und auf welche Art und Weise, insbesondere dessen Topografien, adaptiert werden. Hierzu wird der Blick auf moderne und postmoderne Beispiele fantastischer Erzählungen, wie H.P. Lovecrafts The Thing on the Doorstep (1937), Thomas Glavinics Die Arbeit der Nacht (2006) oder Daniel Kehlmanns Erzählung Du hättest gehen sollen (2016) gelenkt und vor dem Hintergrund moderner Fantastik Theorien (Durst, Wünsch) interpretiert.
Irene Bordignon (University of Milan): Cartography and Maps for an Ecocritical Analysis of Contemporary Scandinavian Ecofantasy (online) My paper supports the idea that fantasy novels written for children and young adult people are crucial to give our growing generations the ecological expertise they will need to face environmental challenges. It is then important to look at what views of nature are actually conveyed in them, involving a pure dissemination of basic environmental protection. I chose to analyze the novel Odinsbarn (Odin's Child, 2013) by Siri Pettersen by giving meaning to what message lies in it with regard to nature and how the reader understands it, basing my analysis on ecocriticism and the important role of cartography and maps typical of the (eco-)fantasy genre. This novel supports the belief that a deep knowledge about flora and fauna can be shared through an active interaction with the natural world. Nature is then gradually transformed into an educator, until the gap between humans and nature becomes intangible and indistinct. Literature can certainly influence our behavior and our attitudes towards nature in real life; however, at the same time every cultural work is always the result of human actions and ideas. The analysis is therefore conducted following two imaginary axes in which cultural expressions written and drawn in the maps and referring to orography and natural elements can be discussed in relation to a vertical continuum that passes from a celebration to a problematization of nature, and to a horizontal continuum that goes from an anthropocentric to an ecocentric view of nature, which emphasizes the intrinsic value of the interrelationships between humans and non-humans at the same level.
Julia Gatermann (TU Dresden): Of Volatile Bodies and an Angry Planet: Material Agency and Non-Human Entanglements in N.K. Jemisin’s Broken Earth As a result of unbound extractivist colonial practices, the world in N. K. Jemisin’s Broken Earth trilogy is quite literally torn apart: In a series of cataclysmic seismic events, the large continent, ironically named The Stillness, is ripped open into a never healing wound, spurting lava, poisonous gases and ash clouds, bringing on a Fifth Season – a period of permanent night and winter that is hostile to most life on the planet. In Jemisin’s novels, the deep entanglement of humans and environment, of animal and plant life with inorganic matter, takes center stage. So-called orogenes, genetically engineered humans with the ability to sense, connect to, and manipulate geological forces – the filigree web of vibrations that suffuses all matter - are powerful and strictly controlled instruments of the Fulcrum, the governing body at the center of this world’s hierarchical power structure. Feared in majoritarian society, and dehumanized accordingly, orogenes occupy a status of ‘less-than-human’, but it is exactly this hybrid non-normative embodiment, their ‘becoming-with’ non-human – even inorganic – others that ultimately allows them to not only break from the shackles of slavery but to forge a new, more sustainable bond with the planet itself, a sentient and intelligent entity on whose benevolence all life on its surface depends. In my paper, I analyze the biopolitics of Jemisin’s orogenes – the novels’ marginalized Others – first along the lines Foucault’s concept of biopower and then move beyond such a purely discursive approach towards a more ontological perspective. Jemisin’s foregrounding of the need for drastic, visceral, and sometimes almost unbearably painful transformations calls up Stacy Alaimo’s de-anthropocentric notions of material agency and transcorporeality in which “the human is always intermeshed with the more-than-human world” (Alaimo 2) and Jane Bennett’s “vibrant matter” that is so deeply interconnected that “to harm one section of the web may very well be to harm oneself” (Bennett 13). From a critical posthumanist, new materialist, and ecofeminist perspective, Jemisin’s novels, I argue, critically observe how the racialized bodies of society’s Other – here the orogenes – are culturally marked as ultimately expendable and exploitable. But by emphasizing their material embodiment that is deeply entangled with the vital, vibrant, and intelligent non-human matter of the planet, she plots a way forward towards a hopeful vision of more ethical and egalitarian relationships, both with each other and with the environment – a way of thinking that requires a radical decentering of the human.
Maria-Ana Tupan (Alba Iulia University): Back to the Elements These words spoken by Prospro are addressed to Ariel at the end of The Tempest. It is only the artist/magician who can set the spirit free from the elements restoring it to the position of lord of creation. The picture changed radically in the twentieth century prisons of totalitarian regimes where Trakl’s metaphor of the soul being a stranger on earth was grotesquely literalized. Alexander Belyaev sought panacea of love and freedom within the ... elements. Both the amphibian man and Ariel, the protagonists of his homonymous novels of the interwar period, lose their identity on earth seeking rescue in water or air. Belyaev was rewriting wrong Shakespeare’s play during the mock renaissance of the soviet revolution. The Amphibian Man was screened by Vladimir Chebotaryov and Gennadi Kazansky in 1962 with the protagonist changing only the inhabited element, from earth to the sea of Argentina, not his human identity as well. The Shape of Water, the movie directed by Guillermo del Toro and launched in 2017, is set in 1962 America, the charges of plagiarism showing the reading wrong of Del Toro’s semiotic exercise of opening a text and inserting therein a different outlook. Belyaev’s Ariel, coming from nowhere, bereaved of identity, and therefore a stranger on earth, is a figure multiplied now into a whole cast of strangers – marginalised, outcast, in search of an identity – centred round a dumb female protagonist of unknown history. Water is no longer just a refuge for humans but a new matrix wherein humans and water creatures exchange their identities, the leviathan being granted a shape, and humans giving up on their ambitions of lordship, cherished by Prospero or Frankenstein and their avatars. The plot, replete with political innuendos, may also have been inspired by the holistic picture of the universe projected by quantum physics.
Navami T.S. (Indian Institute of Technology Kharagpur): Walking ‘Vermin-Children’ in Bangalore: Bridging the Past and the Present in Monideepa Sahu’s Riddle of the Seventh Stone Bengaluru/Bangalore [1], the capital city of the south Indian state, Karnataka, has a rich and fruitful history that dates back to the sixteenth century. Kempe Gowda, a local feudal chief allied with the Vijayanagara Empire, founded Bengaluru as a fortified town in 1537 AD. Since then, the city has evolved socio-spatially under various dynastic, military and colonial regimes, including the Marathas, the Mughals, the Wodeyars, and the British. However, globalization, neoliberalization, and the cyber boom in India in the 1990s are the socioeconomic phenomena that have stimulated rapid and radical geopolitical shifts in the city. The current paper is a cartographic reading of Monideepa Sahu’s urban fantasy novel, Riddle of the Seventh Stone (2010), set in contemporary Bangalore. The novel narrates the supernatural adventures of an eighty-five-year-old rat, Rishabh and a hundred-year-old spider, Shashee, who evolve into human children with vermin faculties. Their magical metamorphosis is itself an act of dissent, and in the novel, these vermin-human hybrids use history and memory as weapons to fight the invading neocapitalist forces, which threaten to displace them. The current paper thus tries to illustrate how their agency as day-and-night pedestrians in the city acts as a ‘tactical’ resistance against the ‘strategies’ of hegemonic structures in Bangalore. The paper also follows the footsteps of these ‘vermin-children’ to explore how their act of ‘walking’ in the city reinvents and reimagines historical spaces in Bangalore with new meanings. For its purposes, among other ideas, the paper borrows the theoretical framework introduced by Michel de Certeau in his essay, “Walking in the City” (1980/1984). [1] Though the name of the city was changed to Bengaluru in 2006, ‘city’zens address it as ‘Bangalore’. This paper uses both the names to show the duality/dichotomy of the name and the character of the city.
Heidi Goulding & Jesse Goulding (independent): The Uses of Ethnicity in Nation-Building Within Fantasy Worlds In his seminal work Imagined Communities, Benedict Anderson wrote, “I propose the following definition of the nation: it is an imagined political community” (5-6). The fantastic nation is doubly imagined: first by its creator, who imagines the inhabitants as well as the languages, mountains, and borders that bind them, and second by the fictional inhabitants of that nation. These inhabitants imagine themselves as a part of a greater community through identification of a common attribute. Because mythic races (elves, dwarves, etc.) serve a similar role in fantasy worlds as cultural and ethnic diversity do in our own, fantasy nations often rely on race as the common attribute. But fantasy worlds display a curious lack of diversity within their fictional nations. In this paper, we will examine how race and ethnicity are used and ignored by authors as they nation-build in their fantasy worlds. How are ethnically diverse and ethnically homogeneous nations utilized in the construction of the political systems and identities of fantastic nations? How do authors use geography to build distance, enmity, and friendships between races and nations? Using classics like J.R.R. Tolkien’s The Lord of the Rings as well as newer works like Leigh Bardugo’s Shadow and Bone, we will examine how racial homogeneity and non-homogeneity are utilized in fantasy. Tolkien provides a good starting ground, as Middle Earth’s geography neatly separates different races and nations. By sectioning off the Silvan Elves in Mirkwood, Longbeard dwarves in the Iron Hills, and the racially similar but culturally distinct men of Rohan and Gondor, Tolkien draws precise and indisputable political boundaries between races. In The Uses of Ethnicity in Nation-Building Within Fantastic Worlds, we will examine the impact that ethnic homogeneity has on story development and interactions between nation-states in these fantastical worlds.
11:45-12:45
IBZ, EF59 / Zoom
Paneldiskussion: Das Fantastische Illustrieren
mit:
Thilo Krapp
Patricia Limberger
Dennis Lohausen
12:45-14:00
Mittagspause/Lunch
14:00-15:30
Panel VIII
A) Unheimliche Geographien
EF50, R 3.427 / Zoom
Moderation/Chair: Aleta-Amirée von Holzen
Alexandra Müller (Universität Gießen): Zwischen Biologie und Bürokratie: Unheimliche Bürolandschaften in Georg Kleins Miakro und Jeff VanderMeers Authority (online) Das Büro – wir verbinden damit Alltäglichkeit, Routine, Wiederholung, Langeweile. Kaum ein Ort scheint auf den ersten Blick vom Fantastischen weiter entfernt zu sein. Dass dieser prosaische Raum jedoch durchaus Potential für das Imaginäre birgt, bezeugt die Vielzahl an Texten und Filmen aus verschiedensten Fantasy Genres, in denen das Büro zum Schauplatz wird: Der Arbeitsplatz kann zunächst als profane Gegenwelt oder als Ausgangspunkt für Exkursionen in fantastische Reiche in Szene gesetzt werden. In utopischen und dystopischen Darstellungen werden Visionen des Büros von Morgen entworfen und in der comic fantasy erzeugt die Versetzung von alltäglichen Büroroutinen und bürokratischen Prozessen in die Strukturen übernatürlicher Gesellschaftssysteme durch die Inkongruenz dieser Welten beispielsweise humoristische Effekte, die zu satirischen Zwecken eingesetzt werden. Das Büro kann aber auch als Ort des Schreckens und des Unheimlichen dienen – etwa in übersinnlichen Horrorfilmen, in denen die metaphorischen Vampire und Zombies des Kapitalismus als reale Monster Einzug in die Bürogebäude halten oder in Form des haunted office, einer Variante des Spukhauses, die nicht nur in filmischen und literarischen Darstellungen zu finden ist, sondern vor allem auch als urbane Legende kulturübergreifend ihr Unwesen treibt. Der Vortrag möchte zunächst in unterschiedliche Darstellungsweisen des unheimlichen Büros einführen. Exemplarisch soll hierbei die narrative Gestaltung der Büroräume zum einen im Roman Miakro (2018) von Georg Klein, der den Leser mit einem grotesken, lebendigen Büro konfrontiert, analysiert werden. Zum anderen soll auf den Text Authority (2014) von Jeff VanderMeer eingegangen werden. Der Folgeband zum eco-thriller Annihilation berührt unter anderem bürokratische Konflikte, die sich aus den Vorkommnissen in der Sperrzone ergeben. Die Raumkonzeption beider Texte löst dabei Dichotomien von Innen und Außen sowie Kultur und Natur auf und bietet auf diese Weise Anknüpfungspunkte für sozial-ökologische und gesellschaftskritische Fragestellungen.
Laura Zinn (Universität Gießen): Menschenfeindliche Natur Dass der Mensch Beherrscher der Natur sei, ist längst keine unumstößliche Tatsache mehr. Nicht nur in Debatten in Politik und Umweltschutz wird das Verhältnis von Natur und Mensch diskutiert, auch in der Literatur wird sich gegenwärtig zunehmend mit diesem Thema beschäftigt. Einen Teilaspekt hiervon macht eine menschenfeindlich gewordene Natur aus, die als unheimliche Geographien in Ökofiktion und Horror-Märchen zu finden ist. Verschiedene Strategien lassen sich dabei beobachten: Angelehnt an J.R.R. Tolkiens Fangorn Forest wird die Natur lebendig gemacht und zum Aggressor gegen Menschen (z.B. im Film Brothers Grimm [2005] oder in Jeff Vandermeers „Area X – The Southern Reach Trilogy“ [2014]) oder sie bleibt den Naturgesetzen zwar treu, wird aber dennoch zum lebensbedrohlichen, toxischen Raum (z.B. in J. und C. Vogts Wasteland [2019] oder Katherina Ushachovs Märchenadaption Der tote Prinz [2019]). Gemeinsam ist diesen verschiedenen Ansätzen, dass die Natur nicht mehr lediglich Schauplatz unheimlicher Ereignisse ist – beispielsweise der einsame Wald, in dem sich übernatürliche Wesenheiten tummeln und die Protagonisten bedrohen (z.B. in Stephen Kings The Girl Who Loved Tom Gordon [1999] oder Adam Nevills The Ritual [2011]) –, sondern selbst Träger des Unheimlichen oder Bedrohlichen wird. In der Narration werden über die Fokalisierungsinstanzen klassische Horror-Motivie ebenso vermittelt wie Motive des Erlebens einer nicht mehr selbstverständlichen, fremdartigen (resp. un-heimlichen) und lebensbedrohlichen Natur. Zentraler Aspekt der narrativierten Handlungen ist nicht nur der Überlebenskampf des Menschen in einer menschenfeindlichen Natur, sondern vielmehr eine neu gedachte Hierarchisierung von Mensch und Natur. Michel Serres‘ Forderung eines ‚Naturvertrags‘, in dem Natur und Mensch gleichberechtigt gedachte ‚Partner‘ sein sollten (vgl. Michel Serres: Le Contrat naturel [1990]), radikalisierend, inszenieren die Texte ein Szenario, in dem die Natur zum Beherrscher des Menschen gemacht wird. Der intendierte Vortrag strebt danach, die zur Darstellung der unheimlichen Geographien gewählten narrativen Mittel zu analysieren und innerhalb des größeren Themenfelds der Ökofiktion zu positionieren.
Markus Reitzenstein (Universität Gießen): Geographie als Stilmittel des Unheimlichen in Mark Z. Danielewskis Roman House of Leaves Der Beitrag befasst sich mit der Außerkraftsetzung geographischer Gesetze als Stilmittel des Unheimlichen am Beispiel von Mark Z. Danielewskis Roman House of Leaves [2000]. „Es ist nichts, was den geschulten Verstand mehr kultiviert und bildet, als Geographie. – Geographie ist die Mutter der Wissenschaften“, schreibt der Philosoph Immanuel Kant, dessen Worte implizit vom Glauben ihres Autors an die Unerschütterlichkeit geographischer Gesetze und Maßstäbe zeugen. Doch was geschieht, wenn die dem Orientierungssinn Sicherheit gebende Geographie als Kontrollinstrument des Räumlichen plötzlich ihre Gültigkeit verliert? Mark Z. Danielewskis Roman House of Leaves führt uns auf gleich zwei Erzählebenen, bestehend aus Rahmen- und Binnenhandlung, drastisch die Konsequenzen einer ins Unheimliche gekehrten, weil unberechenbaren „Un-Geographie“ vor Augen: Im Mittelpunkt der Binnenhandlung steht ein Haus, dessen Inneres paradoxerweise größer ist als sein Grundriss. Es eröffnet den Eingang in ein buchstäblich unendliches Labyrinth schwarzer Gänge. Will Navidson, Hausbesitzer und Dokumentarfilmer, beginnt, die finsteren Hallen mit der Videokamera in der Hand zu vermessen, nur um zu erleben, wie die leeren Räume sich immer weiter verzweigen und das Labyrinth ein Eigenleben entwickelt. Der vergebliche Versuch, „sein“ Haus unter die Kontrolle geographischer Gesetze zu zwingen, scheitert und droht daher, Navidson um den Verstand zu bringen. Auch die geistige Gesundheit des Erzählers der Rahmenhandlung ist bedroht: Der junge Tätowierer und Junkie Johnny Truant findet in einer leerstehenden Wohnung ein wissenschaftliches Manuskript, das den sogenannten „Navidson-Record“ behandelt; jenen Dokumentarfilm Navidsons aus der Binnenhandlung. Im obsessiven Versuch, die Manuskriptseiten in die richtige Reihenfolge zu bringen, verliert Johnny Truant den Bezug zur Realität, um wie Navidson festzustellen, dass die Geographie seiner Welt sich aufzulösen beginnt. Auf formaler Ebene schließlich spielt Autor Danielewski mit dem Orientierungssinn seiner Leser*innen, indem er das Druckbild des Texts als Labyrinth anlegt: Teile des Romans müssen von rechts nach links bzw. von oben nach unten gelesen werden, während andere Textpassagen in Spiegelschrift oder in Form eines Palimpsests gestaltet sind. So steht im übertragenen Sinn auch die Geographie des Druckbilds auf dem Kopf. Anhand exemplarischer Textbeispiele zeigt der Beitrag damit die Außerkraftsetzung geographischer Gesetze als Stilmittel des Unheimlichen auf.
Satvik Gupta (Indian Institute of Technology Ropar): Geographical Infinitude: Fantastic Worlds in Jorge Luis Borges’ Short Stories In this paper, I intend to explore the concept of geographical infinitude by focusing on the short fictions of Jorge Luis Borges and his ideatic overlap with Nietzsche, Levinas, John M. Anderson etc. For case studies, I will consider two of Borges’ short stories: “The Library of Babel” and “On Exactitude in Science” – posited at counterpoints of Borges’ thoughts of infinitude undulating between architecture and cartography. The former presents a library of endless hexagonal galleries housing books of every possible permutation, catapulting us to Borges’ idea of geographical infinitude by describing the library as “a sphere whose exact center is any hexagon and whose circumference is unattainable”, echoing Nietzsche: “The eternal hourglass of existence is turned upside down again and again, and you with it, speck of dust!”. Conversely, in the latter, Borges talks of a fictional empire so pedantically consumed with map-making that they produce a life-sized map of their entire kingdom. Borges offers a subtle paradox in this micro-narrative, i.e. the most detailed map which replicates its territory to scale is also the one which serves no purpose whatsoever. What, then, is the productive way of recognising the infinite – accepting the defeat of reason or the absurdity of replicating ‘reality’? In both cases, Borges’ protagonists find themselves in worlds transcending convention and comprehension – rendering actions redundant and epiphanies inconsequential. This paper accentuates Borges’ mimesis of the infinite, thereby suggesting that the finite desire to imitate space and geography at the infinite scale is at once innate and absurd; we attempt and fail ad infinitum, embracing the illusion we know it to be. Is this defeatism? Is this ‘illusion’ of (in)finitude a “must” for rational existence? Is a convergence of absurdity and impossibility at all possible in Borges Geographical thoughts?
Aleksandra Tarasova (Russian State University for the Humanities): Imaginary Seoul: The Transformation of the Modern City in South Korean Urban Fantasy TV Series From a fantasy television series one can expect an impressive visualization of the fictional world. Even when we are dealing with “urban fantasy”, and some of the real cities become the scene of action, the reality of the city is often augmented with scenery and special effects. In South Korea, series of this kind are filmed regularly; however, visually they are not much different from the “realistic” series. If the action of a fantasy series takes place in the past, then basically the same scenery and almost the same costumes are used as for historical series. And series, in which non-human beings, creatures from legends and fairy tales, live side by side with ordinary people in a modern city, may differ little visually from a non-fantastic melodrama or thriller. Even the non-human characters themselves spend most of their screen time in human form. For example, the protagonist of the series “The Tale of the Nine-Tailed” is a werewolf (fox), but in the series he has never been shown in the guise of a fox. Such narratives unfold against the backdrop of a well-recognized Seoul or other Korean city. However, the city is undergoing a transformation: famous buildings are repurposed and used in a different way. Familiar objects are being removed from the city and new ones are being added. Finally, the very space of the city functions according to the new laws. And, thanks to Korean drama's penchant for intertextuality, changes made to one TV series are often replicated in the others. As a result, these TV series create a new image of Seoul in which the supernatural is normal. This paper intends to trace these transformations on the example of the series of recent years and draw up an outline of the map of imaginary Seoul.
Marthe-Siobhán Hecke (Universität Bonn): “We were safe. Safe from the outside world, at least. But sometimes the worst monsters are the ones within.” – Ecocriticism, Dinétah Sovereignty, and Monsters in Rebecca Roanhorse’s The Sixth World Series In Rebecca Roanhorse’s Locus Award winning fantasy novel Trail of Lightning the apocalypse has already happened. Earthquakes along the New Madrid fault line led to severe floodings and the effective destruction of the United States, while Dinétah (homeland of the Navajo tribe) becomes an independent nation, surrounded and protected by a wall. For the Diné people, this new age, accompanied by new geographies is not the end of times: “But I had forgotten that the Diné had already suffered their apocalypse over a century before. This wasn’t our end. This was our rebirth”, which also explains the title of the four book series (two upcoming): The Sixth World, indicating that this new world is but the sixth cycle of creation (based on indigenous creation myth). Within the walls, the mythological and legendary creatures now walk the earth, Diné people like the protagonist Maggie gain magical abilities and need to protect themselves from magical monsters. Maggie becomes a bounty hunter and slays the monsters that now inhabit Dinétah, she learns from immortal but toxic Neizghání, is helped by Mąʼii, the trickster god from Navajo mythology also known as Coyote, and she travels through the changed land (to Black Mesa, for example). The geography of the world as well as the geography of Dinétah is irrevocably changed through both natural disasters (inviting ideas of ecocriticism even though Dinétah was spared) as well as the magic that followed. The geographies and the spatial dimension are thus more than just the backdrop of the plot (cf. Ryan et al. 2016, 1), they mirror changed power relations and changed living circumstances. In the sequel, Maggie has to venture beyond the Walls of Dinétah, which offers the readers a glimpse at the post-apocalyptic Big Water world outside. This paper investigates the transformation of geographies in connection to Dinétah sovereignty and magical (and monstrous) repopulation, while taking ecocriticist ideas into account.